Mitglieder der Vorcompagnien und der VOC bis 1648

Am 27. Juni 1596 erreichte eine aus vier Schiffen bestehende Amsterdamer Flotte der 1594 gegründeten Compagnie van Verre te Amsterdam (Fernkompagnie von Amsterdam) unter Leitung der Kontoristen (Commis) Gerrit van Beuningen und Cornelis de Houtman (2.4.1565-1.9.1599) nach 15-monatiger Seefahrt (unter Verlust von über der Hälfte der Segelmannschaft und des Kapitäns der Hollandia Jan Dignumzoons das Sultanat Bantam auf der Westspitze Javas.

Mit an Bord war der 1540 in Emden geborene Navigator und von Petrus Plancius, einem der Gründer des späteren VOC, geschulte Astronom Peter Dirksson Keyser (Pieter Dirkszoon Keyser, Petrus Theodorus, verst. in Bantam 13.9.1596).

Unterstützt von Cornelis' Bruder Frederick de Houtman (1571-21.10.1627) schuf er einen Katalog von 135 Sternen der Südhemisphäre, eingeteilt in noch heute verwendete zwölf neue Sternbilder wie Hydrus, Indus und Phönix, zusätzlich zu den bekannten Sternbildern des Altertums wie beispielsweise Eridanus, das er in der Tradition des (auf in diesem Fall auf einen sumerischen Ursprung zurückzuführenden) Katasterismos des Eratosthenes noch Nyli (Nil) nannte (vgl. Santillana & Dechend 1969:256).

Die früheren Seefahrer unterschieden sich manchmal nur unwesentlich von Piraten. Cornelis de Houtman, den der Sultan von Batam wegen seines rüden Verhaltens zur Abreise nötigte (u.a. beschoß er die Stadt, um bessere Handelskonditionen zu erzwingen und kaperte einige batamesische Handelsschiffe; vgl. Milton 1999:61), ließ – nachdem die Flotte vor Madura von Freibeutern angegriffen worden war und Jan Schellinger, der Kapitän der Amsterdam mit zwölf Mann fielen – aus Rache den Prinzen von Arissabaya bei der Begrüßung auf See töten und anschließend die Bevölkerung Maduras massakrieren.

 

In Bali schließlich, wohin die die Schiffe der Fernkompagnie weitersegelten, überließ am 26.2.1597 der Dalem (König) von Bali, Seganing, den Schiffern einige Fässer Pfeffer. Vor der Insel Bawean, nördlich von Surabaya, wurde die Amsterdam, eines der vier Schiffe, in Brand gesetzt, vermutlich weil die Stärke der Mannschaften nicht mehr ausreichten, alle Schiffe zu segeln. Zeitgleich wurde Kapitän Jan Moelenaer von der Mauritius, mit dem der ihm zugeordnete Kontorist Cornelis de Houtman im Streit lag, vergiftet. Houtman wurde in Ketten gelegt, aber mangels Beweise nach drei Tagen wieder freigelassen. Der ständige Streit im Schiffsrat hatte dazu geführt, daß der Führer der einen Partei, der Kontorist van Beuningen, schon früher verhaftet worden war (vgl. Masselmann 1963:93). Mit 87 von ursprünglich 249 Mann erreichten die drei verbliebenen Schiffe am 14.8.1597 wieder den Hafen von Texzel.

Obwohl diese Reise finanziell nicht den erhofften Erfolg gebracht hatte, stachen die Gebrüder Houtman 25.3.1598 mit zwei Schiffen unter Cornelis' Leitung im Auftrag der Veerse Compagnie der Brüder Balthasar und Peter de Moucheron zu einer zweiten Expedition (in der niederländischen Zählweise die "vierte Schiffahrt") in See, die am 21.6. oder 3.7.1599 vor Kota Radja (Banda Aceh) ankam. Nachdem Alauddin Mansur Syah, der Sultan von Aceh, und Cornelis sich nicht über die Handelsmodalitäten einigen konnten, beleidigte Cornelis den Herrscher, kehrte auf sein Schiff zurück und ließ den Hafen beschießen. Diese Handelspolitik mittels Kanonen war eine bis Ende des 19. Jahrhunderts häufige Vorgehensweise europäischer Staaten und ihrer Nachahmer, so 1842 im Opiumkrieg oder beim Bakumatsu [幕末], der zwangsweisen Öffnung Japans durch die amerikanischen Schiffe Commodore Perrys 1853.

Die Kanonade führte zu einem wochenlangen Krieg. Unter der Führung des weiblichen (sic) islamischen Admirals Malahayati lieferte sich die Kriegsflotte von Aceh mit den Schiffen der Veerse Compagnie mehrere Gefechte, bei denen schließlich am 11.9.1599 die Leeuwinne (Kapitän Frederik de Houtman) und die Leeuw (Kapitän Pieter Stokman) nach einem Täuschungsmanöver von Malahayatis Soldaten geentert werden konnten (vgl. Udemans 1640:185). Cornelis de Houtman wurde an Bord getötet und Frederick, der zu Friedensverhandlungen an Land weilte, gefangengenommen. Während der 26-monatigen Gefangenschaft lernte Frederick Malaiisch, baute für den Sultan u.a. eine Mühle und erweiterte Keysers Katalog um 304 Sterne.

Die überlebende Besatzungen von Leeuwine und Leeuw konnten die Malaien von Bord drängen. Es gelang ihnen die Flucht. Über Ceylon, wo sie im Dezember 1599 Station machten, segelten sie zurück nach Middelburg (Zeeland), wo ihre Reise am 8.8.1600 endete.

Schon am 26.11.1599 ankerte die Zweite Expedition ("Tweede schipvaart") auf der Reede vor Bantam. Die acht Schiffe (darunter die Mauritius und die Hollandia der "ersten" Ostasien-Schiffahrt standen unter der Leitung des Admirals Jacob Corneliszoon van Neck (1564-15.3.1638), der von dem Schicksal der zweiten Houtmannschen Expedition aber nichts wußte. Mit einem Teil der Flotte – vier Schiffe beladen mit einer Million Pfund Gewürze – segelte van Neck im Juli 1599 zurück nach Amsterdam (vgl. Milton 199:134). Insgesamt soll sich der Profit aus der Zweiten Schiffahrt auf über 400 Prozent summiert haben (vgl. Mutch 1942:15). Schon am 21.12.1599 liefen die vier Schiffe erneut aus Texzel unter der Leitung von Jacob Willekens wieder aus. Am 31.6.1600 kamen sie vor Kota Radja an. Zur Enttäuschung von Frederick de Houtman zog es Willekens aber vor, mit dem Sultan lukrative Handelsgeschäfte zu tätigen, als sich um die Not der gefangenen Expeditionsteilnehmer der Veerse Compagnie zu kümmern.

Eine weitere Handelsexpedition, diesmal der Brabantschen Compagnie unter Admiral Pieter Both (1568-6.3.1615) und Vizeadmiral Paulus van Caerden (1569-1615) lief am am 21.12.1599 nach Bantam aus, wo sie am 6.8.1600 ankam. Im Jahr darauf kehrte Both mit zwei schwerbeladenen Gewürzseglern zurück.

Als die Vereenigde Oostindische Compagnie (VOC) eine Exekutive für die neuerworbenen Besitzungen bildete, wurde Both zum ersten Gouverneur-Generaal van Indië 1610 (bis 1614) ernannt. Er vertrieb die Spanier aus dem Sultanat Tidore auf den Molukken mit Hilfe des Sultanats von Ternate, wo die Holländer seit 1607 eine befestigte Station in Malayo errichtet hatten. Auf der Heimreise 1615 ging Boths Schiff vor Mauritius unter und er ertrank.

Van Caerden versuchte sein Glück in Aceh, wo man ihn abwies. Nach einer Karriere als Händler, Plünderer und Pirat zwischen Mosambik, Indien und den Molukken, wurde er von den Spaniern auf Ternate gefangenen gesetzt. Gegen ein Lösegeld und das Ehrenwort, die Molukken zu verlassen und nie wiederzukehren, wurde van Caerden freigelassen. Er hielt sich nicht daran und wurde von den Spaniern Anfang Juli 1615 erneut gefangengenommen. Diesmal wurde er nach Manila geschickt, wo er als Lastenträger beim Bau eines Forts zu Tode gearbeitet wurde.

Frederick de Houtman kam erst durch die am 28.1.1601 in See gestochene sogenannte "Zwölfte Schiffahrt" der Vereenigde Zeeuwse Compagnie unter der Leitung des Amsterdamer Patriziers Laurens Bicker (1563 - 1606) frei. Am 23.8.1601 in Aceh angelandet, konnte Bicker de Houtman ohne Zahlung eines Lösegelds befreien, weil der Sultan am VOC als Gegengewicht zur portugiesischen Macht interessiert war.

Von den zwölf Handelsgesellschaft vor Gründung der VOC 1602 wurden zwischen 1594 und 1601 insgesamt 15 Expeditionen mit zusammen 65 Schiffen organisiert, von denen 13 die Ostroute durch den Indischen Ozean wählten und zwei den Weg über die Magellanstraße, darunter die in Kyushu gestrandete De Liefde mit Jan Joosten Lodenstijn, dem Kapitän Jacob Janszoon Quaeckernaeck (1604 freigelassen, am 21.9.1606 gefallen in der für die Holländer siegreichen Seeschlacht von Malakka gegen eine portugiesische Armada) und dem Proviantmeister Melchior van Santvoort (1570-1641) an Bord.

Santvoort, wie Quaeckerneck 1604 freigelassen, kehrte 1609 mit Jacques Specx (1585 - 22.7.1652), der die Niederlassung der VOC in Hirado am 20.9.1609 gründete und als Opperhoofd von 1609-1612 sowie von 1614-1621 leitete, nach Japan zurück, von wo aus er auf eigene Rechnung Handel trieb. Santvoort mußte jedoch 1639 mit seiner japanischen Frau und Töchtern das Land verlassen und ging über Formosa nach Batavia, wo er 1641 starb. Eine seiner Töchter hatte Pieter van Sante, 1633 Leiter der Station in Hirado, geheiratet, eine andere auf Formosa Willem Verstegen, der von 1633 bis 1639 in Hirado gearbeitet hatte und die Niederlassung auf Deshima von 1646 bis 1647 leitete.

Verstegens Beschreibung der Reise nach Edo an den Hof des Shoguns vom 3.12.1646 bis 23.1.1647 ist detailliert sowohl in der Beschreibung der Reiseroute als auch der politischen Gespräche am Hofe des Shogun, u.a. zur Freilassung von zehn Seeleuten der Breskens, die 1643 bei einer verbotenen Anlandung in Yamada festgesetzt worden waren. Nach einem Zwischenspiel in Tonkin (Vietnam) 1651 und als Revisor in Fort Zeelandia auf Formosa tauchte Versteegen in Surate, einer VOC-Handelsstation in Indien auf. Wenig später sagte sich Versteegen - von einem lukrativen Angebot der Moghul-Regierung überzeugt - vom VOC los und verdingte sich als Artillerist im Dienste des Moghul-Herrschers Dara Shikoh. Er fiel in der Schlacht von Deorai (Ajmer) am 11.3.1659.

Bis zur Übersiedlung der holländischen Händler von Hirado nach Deshima 1641 folgten auf Specx acht Leiter, darunter auch François Caron, ein Franzose, zuerst im Dienste des VOC und letzter Leiter in Hirado, später im Dienst der Compagnie française pour le commerce des Indes orientales bis zu seinem Tode bei einem Schiffbruch vor Portugal 1673. [ar]

 

Lit. Udemans, G.: 'Tgeestelyck Roer van't Coopmans schip, dat ist: Trouwbericht hoe dat een Coopman, en Coopvaerder, hemselven dragen moet in syne handelinge in pays, ende in oorlooghe, voor Godt ende de menschen, te water ende te lande, insonerheyt onder de Heydenen in Oost ende West-Indien…, Dordrecht:Böls 1640; Santillana, G. de, Dechend, H. v.: Hamlet’s Mill, Boston:Godine 1969; Molhuysen, P.C. u. Blok, P.J. (Hg.): Nieuw Nederlandsch Biografisch Woordenboek, Leiden:Sijthoffs 1912, Teil 2, Sp.674 u. Teil 7, Sp.627; Masselman, G.: The Cradle of Colonialism, New Haven & London:Yale University Pr. 1963; Milton, G.: Nathaniel's Nutmeg or the True and Incredible Adventures of the Spice Trader Who Changed the Course of History, New York: Penguin 1999; Mutch, T.D.: The First Discovery of Australia With an account of the Voyage of the "Duyfken" and the Career of Captain Willem Jansz, in: Journal of the Royal Australian Historical Society, Vol. XXVIII., Part V, Sydney 1942, S.1-55; Bildquellen: Willem Janszoon Blaeu (1571-1638): "Moluccæ Insulæ Celeberrimæ" (1630), http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Willem_Blaeu00.jpg; Ausschnitt "Pieter Both": Anonymer Maler ca. 1650-75, Rijksmuseum Amsterdam; "Scharmützel der Stadt Bantam mit den Holländern" (1596) von Levinus Hulsius (1546-1606): Kurtze Wahrhafftige Beschreibung der newen Reyse oder Schiffahrt so die Hollendischen Schiff in denn Orientalischen Indien vericht:Welche Anno 1595 in Martio alda außgefahren und erst im Augusto des verlauffenen 1597 Jahrs wiederkommen seind. Darin der ganze succes der Reyse..., hg. L. Hulsius, Nürnberg:Chr.Lochner 1598, Sächsische Landesbibliothek Dresden; Johann Bayer: Uranometria, Erstausgabe 1603, Nachdruck 1661, Bl. 49 Südsternhimmel mit Phönix, Hydrus et al.; Dejima um die Mitte des 17. Jahrhunderts, ex: Gedenkwaerdige Gesantschappen der Oost-Indische Maetschappy in't Vereenigde Nederland, aen de Kaisaren van Japan, vervatende wonderlyke voorvallen op de togt der Nederlandtsche Gesanten: beschryving van de dorpen, sterkten, steden, landtschappen, tempels, Gods-diensten, dragten, gebouwen, dieren, gewasschen, bergen, fonteinen, vereeuwde en nieuwe oorlogs-daaden der Japanders (...) Getrokken uit de Geschriften en Reisaentekeninze der zelver Gesanten, door Arnoldus Montanus, Amsterdam:Jacob Meurs 1669 (Sammlung W. Michel, Fukuoka)

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