Auf dem langen Weg von Rheinsfeld nach Tôkyô und zurück: Die, die sich um den Anderen kümmern
Alfred Stüber war ein „Herr“. Zunächst, bei ersten Kontakten, stach seine zupackende Art ins Auge. Dieses Bild wurde jedoch unverzüglich um die Wahrnehmung erweitert, dass er eine große, humane Erscheinung war. Es kennzeichnet einen „Herren“ in diesem Sinn, dass er sich durch Bescheidenheit auszeichnet, daß er sich niemals selbst in den Vordergrund stellt, dass er jedoch selbstbewusst um seine eigenen Stärken und Fähigkeiten weiß. Jeder, der Alfred Stüber traf und besonders derjenige, der ihn besser kannte, wusste, dass er solch‘ eine große Herren-Persönlichkeit war.
Auch wenn man nicht häufig mit ihm privat zusammengetroffen war, behielt man Alfred als außerordentlich netten Mensch im Herzen. Was hat man für Freude gehabt, mit ihm ein oder auch zwei usw. Ebisu-Biere in Japan zu stemmen! Das nachstehende Foto Alfred Stübers (Mitte, zusammen mit zwei anderen, schon von uns gegangenen großen Persönlichkeiten unserer zeitgenössischen Japan-Deutschen, Reinhard Einsel (links) und Klaus Becker (rechts), Foto mit freundlicher Genehmigung von Torsten Stüber) hat dies festgehalten.
An aufgesetzt arroganter Vornehmheit oder künstlicher Zurückhaltung litt Alfred Stüber nicht. Deshalb war es so unkompliziert, entspannend und schön mit ihm, natürlich gemeinsam mit seiner Frau Emma, die seine ideale Ergänzung war und immer bleiben wird, zusammen zu sein.
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Informationen & Quellen 参考文献
Ehemalige Vorstandsvorsitzende und Vorstandsmitglieder der Deutschen Schule Tôkyô Yokohama
Deutscher Schulverein Tôkyô
Erich Heise (Vorsitzender;
siehe unter Richard Heise)
Rudolf Bürgi (Vorsitzender 1979 (?)-1981)
Jürgen Falter (Vorsitzender 1981-1984)
Erhard Reiber (Vorsitzender 1984)
Reinhard Einsel (Vorsitzender1984-1992)
P.Paeben (1992-)
Dr. Alexander Bürkner (1992-1998)
Christian Lutz (1998- 2000 )
Christine Eilers (2000-2001)
Fuyuki Nakajima (2001-2002)
Manfred Flick (2002-2005)
Dr. Judith Coulmas (2005-2011)
Stiftung Deutsche Schule Tôkyô Yokohama)
Frau Barbara Johansson (Vorsitzende 2011-)
Vorstandsmitglieder
Klaus Becker
Artur von Eisenhart-Rothe
Ilka Eckhoff
Alfred Stüber
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Geschichte der Deutschen Schule Tôkyô Yokohama (DSTY)
Deutscher Schulverein Tokyo (Hrsg.): Kollmar, E.F.J.(Verfasser): "70 Jahre Deutsche Schule Tokyo". 20.Jahresbericht 1974, Tôkyô, 1974
Deutscher Schulverein Tokyo (Hrsg.): "Deutsche Schule Tokyo 75 Jahre (1904-1979). Festschrift und 25. Jahresbericht 1979". Tôkyô 1979
"Festschrift und 25. Jahresbericht 1979"
Stiftung Deutsche Schule Tokyo-Yokohama (Hrsg.): "Festschrift Deutsche Schule Tokyo Yokohama (1904-2005)", Tôkyô 2005
Schuldirektoren der Deutschen Schule Tôkyô Yokohama
1923-1944 Wilhelm Redecker
1944-1945? Hachmeister
1954-1957 Eberhardt Richter
1957-1965 Bernd Eversmeyer
1965-1968 Hans-Wolf Becker
1968-1977 Georg Haschke
1977-1984 Dr. Gerd Hermjakob
1984-1992 Fritz Sundermeier
1992-1999 Günther Miller
1999-2007 Rainer Martin Adolf
2007-2012 Dr. Michael Szewczyck
2012- Dr. Detlef Fechner
Ehemalige Geschäftsführer
1989-2008(?) Gerald Sonntag
Ehemalige: Deutsche Schule Tôkyô Yokohama (DSTY)
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Deutschsprachig Katholische Kirchengemeinde St.Michael
Deutschsprachig Evangelische Kirchengemeinde Kreuzkirche
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Alfred Stüber (1934 - 2015) war 1958 nach Japan gekommen und war zunächst in der von dem deutschen Kaufmann Dr. Kurt Brasch geführten, gleichnamigen Handelsfirma K.Brasch & Co.Ltd. 株式会社ケー・ブラッシュ商会 angestellt. Kurt Brasch war ein großer Ostasienkenner mit weitgespanntem intellektuellen Horizont, der in der OAG zahlreiche Schriften veröffentlichte.
In dem japanischen personellen Umfeld und unter japanischen Wettbewerbsbedingungen dieser Firma arbeitete sich Alfrded Stüber zum Direktor empor. Unglückliche Umstände nach dem Ableben des Firmeninhabers Dr. Brasch verhinderten, dass er die Firma übernehmen konnte.
Für Stüber bezeichnend übernahm er - zupackend und konstruktiv die Situation richtig einschätzend und entsprechende Schlussfolgerungen ziehend - in dieser schwierigen Situation die Chance eines Arbeitsplatzwechsels wahr, die ihm der FAG Kugelfischer-Konzern bot. In Japan sollte eine 100%ge Tochtergesellschaft des FAG-Konzerns, die FAG Japan, gegründet werden. Mit der Gründung der japanischen Niederlassung 1982 übernahm Herr Stüber die Leitung der Neugründung als Präsident. Diese Aufgabe nahm er bis zum Eintritt in den Ruhestand 1998 wahr (heute Schäffler Japan シェフラージャパン)“.
Seine Frau Emma, die er 1968 ehelichte und die ihn von Stund' an in Japan begleitete, packte die Herausforderungen in dem neuen japanischen Lebensumfeld in gleicher Weise energisch an. Wie selbstverständlich erlernte sie Japanisch und wirkte im Rahmen der deutschen Institutionen wie der katholischen deutschen Gemeinde St. Michael an der Seite ihres Mannes mit. Alfred Stüber ist einer der Gründer der deutschsprachigen Katholischen Kirchengemeinde und des Fördervereins der Gemeinde in Tôkyô gewesen, und das Ehepaar hat bis zu seiner Rückkehr nach Deutschland beide christlichen Gemeinden tatkräftig unterstützt.
Auch ihre beiden Söhne Udo und Torsten erlernten von ihren japanischen Nachbarskindern deren japanische Heimatsprache, die ihnen dann bis heute beruflich nützlich war.
In diesem Umfeld gelang Alfred Stüber seine grosse Leistung für die deutsche Community in Japan:
In siebenjähriger Vorbereitungszeit leitete er an führender Stelle im Schulvorstand, dem er seit 1981 bis 1992 angehörte, zusammen mit seinen Kollegen, aber nicht immer unterstützt von allen Kollegen, die Verlagerung der Schule von Ômori in Tôkyô nach Kôhoku in Yokohama. Ohne seine japanischen Erfahrungen, Landeskenntnisse und Sprachvermögen, ohne seinen unbeirrbaren Einsatz gegen viele, nicht unbedeutende Widerstände gegen das Projekt und seine bodenständig auch in Kleinarbeit einsteigende Arbeitsleistungen, aber auch ohne seinen Witz und seine schlaue Wendigkeit wäre diese große Leistung für die Deutschen in Japan nicht gelungen.
Der damalige Schulleiter Fritz Sundermeier berichtet im 37. Jahresbericht 1991 der Deutschen Schule Tokyo (DST, später Deutsche Schule Tôkyô Yokohama DSTY) zu Alfred Stübers Wirken in der Zeit der Verlegung der Schule von Tôkyô nach Yokohama:
"Analyse einer Situation und Prognosen sind eine Sache, daraus Konsequenzen zu ziehen und scheinbar Unmögliches möglich zu machen eine andere. Letzteres ist von Personen abhängig, die den Mut haben, neue Wege zu gehen, die Chancen sehen, wo andere auf die bekannten Hindernisse und Schwierigkeiten starren, die über ein unerschöpfliches Mass an Durchhaltevermögen verfügen und die bereit sind, persönliche Opfer für eine als notwendig erachtete Sache zu bringen. Die DST kann sich glücklich schätzen, dass sich im Vorstand in diesen Jahren eine wechselnde Konstellation von Personen zusammenfand, die diese Qualitäten mitbrachten. An erster Stelle möchte ich Herrn Stüber nennen. Er ist neben dem Schulleiter der einzige, der das Projekt von seinen Anfängen bis zum Schluß betreut. Es ist charakteristisch für ihn, dass er die Arbeit im Vorstand über den Zeitpunkt hinaus fortsetzte, als seine Kinder die DST verließen. Bereits in der Anfangsphase, als andere zunächst nur von der Aufstockung der alten Gebäude sprachen und Botschafter Boss die dazu notwendige Sondergenehmigung erwirken wollte, vertrat er in der Sitzung in der Botschaft Anfang November 1984 den Standpunkt, die DST müsse auf einem großen Gelände neu errichtet werden."
Als treibende Kräfte im Vorstand jener Zeit hebt der damalige Schuldirektor Fritz Sundermeier neben Alfred Stüber den Vorstandsvorsitzenden Reinhard Einsel, die Vorstandsmitglieder Dr. Richter und seinen Nachfolger im Bauausschuss, Herrn Klaus Becker, die Herren Prof. Dr. Peter Baron (deutsche Unternehmen) und Rovelli (Schweizer Unternehmen) für Spendenbeschaffung, Herrn Adolf (Finanzen), Frau Arnold (Transport) und als Nicht-Vorstandsmitglied, die Architektin, Frau Vollmer, hervor.
Alfred Stüber und seine Ehefrau Emma stammen aus dem Dorf Reinsfeld. Dort haben sie sich gefunden, geheiratet und sind dorthin nach langer Zeit des Wirkens und Lebens in Japan schliesslich wieder zurückgekehrt. Ihre beiden Söhne Udo und Torsten sind in Tôkyô aufgewachsen und leben heute ebenfalls in Deutschland.
Ein stark kosmopolitischer Hintergrund des Lebensentwurfes dieser deutschen Familie aus dem Hunsrück ist somit zunächst kaum zu erkennen. Doch wird man bei näherer Beschäftigung mit der Familie Stüber schnell auf deren ausgeprägte Fähigkeit stossen, sich in einem auf der anderen Seite der Welt befindlichen, für sie völlig neuem kulturellen und sozialen Umfeld harmonisch einzufügen. Dazu wurde ihre Zeit in dem so fremden Land in der Rückschau ein Ort für ein sehr erfolgreiches Wirken der beiden Eheleute:
Es gibt aber einen wesentlichen Unterschied, worin sich die "Stübers" herausheben:
Viele andere Protagonisten der deutsch-japanischen Beziehungen wirkten im Vordergrund und trugen doch kaum etwas Substantielleres zu dieser Verbindung bei als vielmehr nur ihre eigene Person bei jeder Gelegenheit in das rechte Licht gerückt zu haben. Das haben Emma und Alfred Stüber nie gemacht. In für die Öffentlichkeitswirkung bedeutenden Augenblicken haben sie anderen, vermeintlich höher eingestuften Personen den Vortritt gelassen.
Diese Haltung deutet nicht auf Minderwertigkeitsgefühle oder mangelnden persönlichen Ehrgeiz oder Einsatz hin. Alfred Stüber stellte den Erfolg der von ihm betriebenen grossen Projekte stets hinter seiner eigenen Person zurück, wenn er es für das Projekt selbst für sinnvoll hielt. Wichtig war ihm immer die Sache, aus deren Gelingen er sein nicht geringes Selbstbewusstsein zog. Das hat ihm auch den Respekt seiner Mitstreiter eingebracht. In gockelhaften Wettstreit mit selbstdarstellenden Kollegen liess er sich nie ein und war dennoch anerkannt.
Es ist schön, dass sein Wirken trotz dieser seine Person zurücknehmenden Eigenheit dennoch auch offiziell die gebührende Anerkennung fand: Alfred Stüber wurde für sein Lebenswerk vom Bundespräsidenten mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet und wurde vom damaligen Vorstand zum lebenslangen Mitglied des Vorstandes der Deutschen Schule TokyoYokohama ernannt.
Nach seiner Rückkehr nach Deutschland setzte Alfred Stüber sein Engagement für die deutsch-japanischen Beziehungen in seiner Heimat fort. Er wurde Mitbegründer der Deutsch-Japanischen Gesellschaft Trier und deren Vizepräsident im Vorstand.
Dass in diese Ehrungen auch seine Frau Emma eingeschlossen war, ist jedem, der den Eheleuten je begegnete, selbstverständlich.