Lokowandt, Ernst: Nachlese zum Vortrag im August 2014

Nachlese zu einem Vortrag Prof. Dr. Lokowandts im August 2014 in Potsdam

von Alexander Bürkner

Prof. Dr. Ernst Lokowandt (geb.19.Januar 1944 in Ebenrode/Ostpreußen), mein Kommilitone während des Studiums der Japanologie und des Japanischen am Ostasiatische Seminar (SOS) der Universität Bonn bei Prof. Dr. Herbert Zachert hat Mitte August 2014 an der Universität Potsdam vor seinen Bekannten und Freunden einen Vortrag zu einem seiner Spezialgebiete "Der Tenno" gehalten – sein erster öffentlicher Auftritt mit Diskussion seit seinem schweren Schlaganfall vor ca. neun Jahren.

Solange hat es gebraucht, bis er mit Hilfe seiner unermüdlichen, nicht aufgebenden japanischen Ehefrau Yasuko (geb. Naruse) die Fähigkeit wiedererlangt hatte, einen solchen Vortrag vor Publikum sprachlich halten zu können: Angesichts der schweren Krankengeschichte war dies für alle Teilnehmenden ein großer Tag der gemeinsamen Freude - bescheiden inszeniert, mit einem unspektakulären Auftritt des Protagonisten, der mit viel emotional fühlbaren  Herzblut für das Thema "Japan" und seinem ihm eigenen trockenen, kurz zupackenden Humor zu großer Form aufgelaufen war,  inhaltlich anknüpfend an seine wissenschaftlichen Beiträge zum Staats-Shintô, dem japanischen Kaisertum und deutsch-japanischen Verfassungsvergleich im Rahmen des Hauptforschungsgebiet "Struktur und ideologische Grundlagen des japanischen Staats der Moderne".

Natürlich wurde die Anteilnahme an dieser Veranstaltung vor allem unter uns älteren Zuhörern auch von dem Bewusstsein befeuert: "Die Einschläge kommen näher". Es erscheint mir daher durchaus angebracht zu sein darauf hinzuweisen, dass dieses denkwürdige Ereignis der Universität Potsdam, Department Linguistik, Patholinguistische Abteilung, und dem ZAPP Zentrum für angewandte Psycho- und Patholinguistik Potsdam mit zu verdanken war. Hier ist Ernst Lokowandt erfolgreich nachbehandelt worden und in den Stand gesetzt worden, in seiner zwischen-menschlichen Kommunikation den intellektuellen "Output" wiederherzustellen, nachdem der intellektuelle "Input" bereits - überwiegend durch seine erwähnte Ehefrau -  vollständig reaktiviert worden war.

Yasuko Lokowandt ロコバント靖子 hat in einem gerade auch für die deutsch-japanische Community bedeutsamen Erfahrungsbericht den erfolgreichen Heilungsprozess ihres in zwei kulturell verschiedenen Welten lebenden und wirkenden Mannes nach seinem Schlaganfall  in der Schrift 「夫はバイリンガル失語症 日本語教師が綴る闘病と回復の五年間」 ("Fünf Jahre, in denen mein Mann seine doppelsprachige Sprachfähigkeit als Hochschullehrer in Japan verlor und wiedererlangte") der Öffentlichkeit nahe gebracht, das in Japan in der ersten Auflage bereits vergriffen ist.

Wer Ernst Lokowandt persönlich kennt und oder sich mit seinem profunden japanologischen Werk auseinandergesetzt hat, wird nachvollziehen können, was es für den Japanologen bedeutet hatte, seine japanischen Sprachkenntnisse durch den Schlaganfall nahezu vollständig zu verlieren. Er selbst sagte einmal einige Zeit nach dem Schlaganfall zu mir in seiner trockenen Art: "Besonders übel nehme ich Gott, dass er mir mein Japanisch genommen hat." Das muss Gott in seiner Barmherzigkeit jetzt auch eingesehen haben!

Dass alles ist Rückschau. Die Freude des in Frage stehenden Ereignisses heute liegt darin, dass uns der Japanologe, Prof. Dr. Lokowandt, nun wieder mit seinem akademischen und täglich am japanischen Alltag geschulten Wissen bereichern kann, und dieses mit uns kommunikativ direkt teilen kann.

Über seine wissenschaftliche Bedeutung hinaus ist Ernst Lokowandt ein zeittypisch repräsentativer japanologischer Vertreter aus Deutschland in Japan: Hier steht - handelt es sich um Erwähnung von deutschen Wissenschaftlern in Japan in der öffentlichen, nicht wissenschaftlichen Diskussion -  immer noch das nostalgische Rückbesinnen auf die deutschen Berater "Yatoi" 雇い外国人 im Vordergrund. Daran ist nichts auszusetzen. Auch in Japan selbst sind diese Deutschen in hohen Ehren gehalten.

Doch nicht selten überdeckt diese Tradition die Leistungen der zeitgenössischen Japanologen in der Öffentlichkeit vor allem bei aktuellen Freundschaftsbegegnungen zwischen den beiden Ländern. Ein mit Deutschland sehr vertrauter japanischer Bankdirektor, heute 95 Jahre alt, äusserte mir gegenüber einmal: "Ihre Generation ist die erste deutsche Generation, die Japan als gleichberechtigten Partner im deutsch-japanischen Wissensaustausch anerkennt."  Das kennzeichnet repräsentative Vertreter der deutschen Japanologie wie Ernst Lokowandt, der nahezu sein ganzes Leben in Japan selbst forscht und lehrt, sicher vor dem kulturellen Hintergrund seiner deutschen Heimat, aber in Japanisch vor japanischen Studenten.

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