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Eine große Frau des 19. Jahrhunderts: In zehn Jahren um die Welt und immer weiter 'Vorwärts' bis nach Japan

Die schweizerische Erzieherin Lina Bögli war radikal in der Durchsetzung ihrer persönlichen Vorhaben. Aber aus ihren Reiseberichten erkennt man sie als liebenswerte Frau: Wovon sie träumte und was sie sich vornahm zu verwirklichen, führte sie durch. Doch tat sie dies nicht unverdrossen wie die meisten Radikalen. Sie kannte und benannte ihre eigenen, sehr menschlichen Schwächen.

Um diese zu überwinden, baute sie sozusagen hinter ihren Entschlüssen praktische Hürden auf, die sie daran hindern sollten ihren Schwächen nachzu- geben und ihre Entschlüsse aufzugeben. So verbarrikadierte sie sich selbst den Rückzug, ihre abenteuerliche Weltreise in die Fremde und das Ungewisse aufzugeben, indem sie sich von finanziellen Mitteln abschnitt und sich nur noch das Allernötigste auf kurze Sicht ließ: „Meine 1.400 Franken reichen gerade aus, um mir…die Reise bis nach Sydney, Australien, zu bezahlen…ich werde fast bettelarm das Leben in einem neuen Kontinent anfangen müssen…Du wirst fragen, warum ich…mir denn alle Möglichkeit zur Umkehr abschneide…Eben gerade das will ich…Ich fürchte mich so sehr vor…meiner eigenen Schwäche, dass ich alles aufbiete, um mir den Rückzug unmöglich zu machen." (Talofa, S.9).

Ernst Jünger hat 1936 in seinem Buch „Afrikanische Spiele“ geistesverwandt mit Lina Bögli zur Flucht aus dem Alltag ähnlich geschrieben: "Da ich fühlte, dass der Besitz ‚des mitgeführten Geldes‘ (Einf. der Verf.) mich in meiner Freiheit behinderte, beschloß ich, mich gleich in der Frühe seiner zu entledigen wie einer Planke, die man von sich stößt, wenn man schwimmen will… In der Gosse floß ein trübes Rinnsal entlang und trieb die Köpfe welker Schnittblumen mit sich fort. Es mündete in ein Abflußrohr, das durch einen eisernen Rost verschlossen war. Hier blieb ich stehen und zog das Päckchen hervor, … das, in einem Zwanzigmarkschein eingewickelt, ein kleines goldenes Zehnfrankenstück nebst einiger Scheidemünzen enthielt. Es war so schmal, dass es sich mühelos zwischen zwei Stäben des Rostes hindurch schieben ließ… Ich war nun an einem Punkt gelangt, an dem die Dinge sich aus sich selbst entwickelten, und ich empfand besonders den Streich mit dem Gelde als einen ersten Sieg über den Zustand der tatenlosen Träumerei.“ (S.37-41)".

Lina Bögli wäre vielleicht auf diese Assoziation mit dem deutschen Jahrhundert-dichter stolz gewesen, ist ihr doch schon vier Jahrzehnte früher im Jahr 1893 als diesem berühmten Mann gelungen, was sie als Frau des 19. Jahrhunderts so sehr wünschte, was sie aber nur einem Mann zu gelingen zutraute: „Ja, ein Mann zu sein, das wäre Freiheit! ... Mit der Kraft und der Freiheit eines Mannes könnte ich dann die Welt auch ohne Geld bereisen“ (S.6). Noch mehr Respekt verdient ihre Leistung, erfährt man aus ihrem Lebenslauf, dass Lina Bögli keineswegs eine kämpferische Frauenrechtlerin war. Die empfindsame Frau und zurückhaltende Erzieherin war in ihrem Leben auch weit entfernt von einem so radikalen Lebensentwurf wie sie jener draufgängerische deutsche Dichter anstrebte ("In Stahlgewittern"). 

Es wird bis heute zuweilen spekuliert, dass Lina Bögli wohlmöglich ihre Reisen gar nicht angetreten habe und sie sich ihre, in ihren Büchern so lebendig vorgetragenen Erlebnissen nur angelesen und literarisch verwertet habe. Sie wäre dann eine weibliche „Tartarin von Tarascon“ (Daudet), vielleicht auch ähnlich Alessandro Bariccos Held in seinem Buch "Seide", Hervé Joncour. Selbst wenn es so gewesen sein sollte, was unwahrscheinlich ist: Es bleibt ihre eindrucksvolle Leistung sich aus den gegebenen gesellschaftlichen Zwängen ihrer Zeit individuell befreit zu haben. Ihre beiden Werke, die ursprünglich das Wort "Vorwärts" im Titel trugen, sind daher auch heute noch lesenswert: Ihr Leben beflügelt die Phantasie der Leser.

Ihr nach "Talofa" als ihr zweites Buch veröffentlicher Reisebericht zu Japan „Immer Vorwärts“ ist heute schwieriger im Buchmarkt aufzufinden, ist uns aber durch Christel Kojima-Ruh nahegebracht:




Kojima-Ruh, Christel:  "Fremdheit als Komplementarität -am Beispiel des Japanaufenthaltes der Schweizerin Lina Bögli . 1910-1912", Hiroshima Daigaku Sogokagakubu Kiyo V, XXVIII, 2002, S.71-85.

Bis heute weckt das Leben dieser bedeutenden Frau das Interesse. Nicht nur in wissenschaftlichen Untersuchungen auch in  Hörspielen oder auf im Theater sind Lina Böglis Reisetagebücher verwertet.

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Ihr  nach "Talofa" als zweites Buch herausgekommener Reisebericht zu Japan („Immer Vorwärts“)  ist heute schwierig im Buchmarkt aufzufinden, ist uns aber durch Christel Kojima-Ruh nahegebracht:

Kojima-Ruh, Christel:  "Fremdheit als Komplementarität -am Beispiel des Japanaufenthaltes der Schweizerin Lina Bögli . 1910-1912", Hiroshima Daigaku Sogokagakubu Kiyo V, XXVIII, 2002, S.71-85
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