Andersen, Jürgen

 Jürgen Andersen (ca. 1620-1677), aus Tondern (heute Dänemark), trat 1644 in den Dienst der Vereinigten Ostindien Compagnie (VOC), wo er u.a. Batavia und Formosa, das von der VOC seit 1624 kolonialisiert wurde, besuchte.

In der Faktorei Deshima trifft er am 9. September 1646 ein und bleibt bis zum 18. d.Mts., was er in der 1669 erschienen Orientalische Reisebeschreibung des Jürgen Andersen aus Schleßwig der Anno Christi 1644 ausgezogen und 1650 wieder gekommen erwähnt (vgl. Kreiner 1984:4-6; Takahashi 2006:212).

Zu Japan schreibt er, wie die Reisenden noch auf der Reede vor Deshima liegend von japanischen Soldaten und Schreibern "scharff examinirt" wurden. Er führt u.a. die Einteilung Japans in 12 Provinzen auf, erläutert japanische Moralvorstellungen ("wollen lieber das Leben verlieren als Schimpff erleiden", Andersen 1696:88) und betont ihre Ehrlichkeit und Verläßlichkeit bei Handelsabschlüssen. Er beschreibt ihren Glauben an ein Jenseits sowie die anfangs erfolgreiche Missionstätigkeit der Jesuiten und die anschließende Christenverfolgung (Andersen 1669:111-113).

Die Reise nach Japan sollte Andersens zum Schicksal werden: Der Leiter des VOC in Deshima, Caron, ließ einen Transport von Kampfer, Porzellan und Pfeffer mit der Dschunke Taa Banklu nach Batavia durchführen. Dazu ordnete er an, daß Andersen ihn mit 60 Soldaten sichert. Am 4.10.1646 erleidet Andersen, der nicht schwimmen kann, während eines Taifuns vor den chinesischen Küste Schiffbruch. Chinesen, die das Drama vom Ufer aus beobachtet hatten, retten Andersen und vier weitere Schiffbrüchige (ibid., S.119f).

Andersen und die anderen Schiffbrüchigen werden nach ihrer Genesung als Sklaven verkauft und als Kuriosum in Kanton (Guangzhou) und anderen Ortschaften von ihrem Eigentümer gegen Bezahlung zur Schau gestellt. Sie geraten in die Kriege des Übergangs von der Ming- zur Qing-Dynastie. Nach einer Schlacht gegen die Mandschu/Jurchen am 12.2.1647 wechseln sie in "tatarische" Sklaverei und werden getrennt.

Er wird von einem Anführer der Jurchen (Dschurdschen) in die mandschurische Steppe verschleppt, wobei er als erster Deutscher am 23. März die Lange Mauer von Süden nach Norden durchquert.

Anläßlich eines Raubzugs seines Herrn kann er mit Hilfe eines anderen Sklaven fliehen. Unter ständigen Gefahren und Kämpfen gelangt Andersen über Kandahar, Mosul, Jerusalem und Malta am 19.4.1650 nach Marseille. Über Italien reist er schließlich nach Gottorf in Schleswig, wo seine Reise am 23.11.1650 glücklich endet (ibid., S.142-179). [ar]

 

 

Lit.: Andersen, J. u. Iversen, V. (1696): Orientalische Reise-Beschreibung: Jürgen Andersen aus Schleßwig Der Anno Christi 1644 außgezogen und 1650 wieder kommen. Und Volquard Iversen aus Hollstein So Anno 1655 außgezogen und 1668 wieder angelanget : Sind beyde respective durch Ost-Indien, Sina, Tartarien, Persien, Türckeyen, Arabien und Palestinam gezogen: und haben zu Wasser und Land viel merckliche Dinge gesehen und erfahren. Mit deren Bericht mit Lust und auch Verwunderung zu vernehmen die Beschaffenheit und heutiger Zustand der Insulen, festen Länder und Städte; Item der Einwohner Leben, Sitten, Lehre, Gottes-Dienst und Gewohnheiten wie auch von ihren erlittenen erbärmlichen Schiffbrüchen und vielfältig ausgestandener Gefahr, Herausgegeben durch Adam Olearium (...) Mit dessen Notis, und etlicher Oerter Erklärungen: Sampt vielen Kupfferstücken..., Hamburg 1696 [Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt]; Andersen, J. (1669): Orientalische Reise-Beschreibungen. In der Bearbeitung von Adam Olearius, Schleswig 1669, hg.v. D.Lohmeier, Reihe Barock 27, Berlin:De Gruyter (Faksimile-Druck 1980); Kreiner, J. (1984): Deutschland-Japan. Die frühen Jahrhunderte, in: Deutschland-Japan. Historische Kontakte, hg. v. J.Kreiner, S. 1-54, Bonn:Bouvier 1984:4-6; Takahashi, T. (2006): Japan und Deutschland im 17. und 18. Jahrhundert unter besonderer Berücksichtigung von Wirkungen des deutschen Japan-Forschers Engelbert Kaempfer. Eine historische Skizze, in: Lüsebrink, H.-J.: Das Europa der Aufklärung und die außereuropäische koloniale Welt, S.208-227, Göttingen:Wallstein 2006; Bildquellen: Andersen et al. (1696):93 [109], 98 [114]

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