Hiroko (Hiroko Nakajima) 中島博子, Shomalerin 書画家

Die Rezeption der Malerin Hiroko Nakajima in Deutschland

von Alexander Bürkner

 

中島博子

書画家

1948年 大坂にうまれ

1953-1958年 インドに滞在

1958年より ドイツに在住

1970-73年 東アジア書芸術を東京の岡部蒼風教授に師事

1975-81年 ケルン美術大学彫刻芸術部門在籍, ブルゲフ教授に師事

1982 書の研究を京都の森田子龍教授に師事

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Malerei als gebündelte Energie

Video der Performance von Hiroko in Frankreich, 3. Juli 2013 in Ménerbes
(zum Vergrößern des nachstehenden Bildes bitte dieses anklicken!)

 

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Hiroko: Tierkreiszeichen 2013 "Jahr der Schlange"

Ausstellung in La Garde Adhèmar, Frankreich, August 2014


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Sho - Malerin

Bis vor einigen Jahrzehnten noch waren alle diejenigen, die in ihrem Leben fremde Kulturen persönlich erlebt hatten und dadurch ihren lokalen Gesichtskreis erweitern konnten, eine kleine Minderheit. Der Hauch eines großzügig geistigen und weltoffen kosmopolitischen Ambientes umwehte sie. Zumindest wurde ihnen zugetraut, die Enge ihrer eingeborenen Lokalitäten und Milieus überschritten zu haben.

Als geeignetes Medium hierzu diente zumeist die Reise in unbekannte Ferne. Schon der 1283 geborene japanische Laienmönch Yoshida Kenkô hatte in seinem "Tsurezuregusa" ("Betrachtungen aus der Stille") konstatiert: "Irgendwohin eine Reise zu machen ist so erfrischend wie ein Erwachen aus dem Schlaf. Wandert man ... so entdeckt man tausend Dinge, die das Auge noch nie zuvor gesehen hat." Im deutschsprachigen Raum der letzten zwei Jahrhunderte denken wir in unserem Internetportal in diesem Zusammenhang an Diplomaten wie Rudolf Lindau und Andere, darunter auch einige wenige Frauen, etwa die Schriftstellerinnen des 19.Jahrhunderts, Katharina Zitelmann, Lina Bögli oder Helene von Mühlau.

Heute allerdings sind wir alle ohne unseres eigenes Zutun ausnahmslos in das Gewebe verschiedener internationaler Kulturen und Gesellschaftssysteme eingebunden. Die Fremden und mit ihnen das Fremde ist zu uns nach Hause gekommen. Häufig werden sprachliche oder visuelle Zeichen dieser Globalisierung gar nicht mehr als fremde Einflüsse wahrgenommen - so festzustellen zum Beispiel in japanischen Komponenten im deutsch- sprachigen Alltag oder angesichts Deutschsprachigem in Japan.

Am sichtbarsten ist diese globale Verflechtung bei denen von unseren Mitbewohnern zu erkennen, die die Fremde in ihrem Gesicht tragen. Es sind die, die man in unseren Tagen oft nicht mehr mit der warmherzigen Einstellung gegenüber kosmopolitischen Weltbürgern willkommen heisst, sondern denen mit dem kühlen Unterton einer vermeindlich politisch korrekten Bezeichnung 'Migranten' begegnet wird.

Der Lebensweg der Familie der japanischen Sho - Malerin 書画家 Hiroko trägt viele dieser Facetten unserer modernen Weltgesellschaft, Weltbürgertum und Migration, in sich. Er weckt zudem Assoziationen einer erstaunlichen Parallelität zu dem historischen Weg des Ursprungslandes ihrer japanischen Vorfahren in die internationale Welt.

Die erste Begegnung Japans mit dem europäischen Westen folgte aus dem Vordringen der Portugiesen bis nach Japan vor etwa fünf Jahrhunderten. Logistische Basis dieses Vorstoßes in eine unbekannte Welt war dabei für die Portugiesen Goa in Indien.

Auch der geistig kreative Drang des Vaters von Hiroko auf der Suche nach Möglichkeiten, den Nachkriegsnöten des im 2.Weltkrieg geschlagenen und zerstörten Japans zu entfliehen, führte die japanische Familie 1953 von Japan nach Goa in Indien. Dort erfolgte die erste Begegnung der jungen Japanerin mit europäischer Kultur in einem Internat, das von katholischen Karmeliter-schwestern geführt wurde.

Um der Familie eine stabilere soziale und wirtschaftliche Basis als sie Indien bot zu geben, wanderte die japanische Familie Hirokos 1958 weiter nach Deutschland. Sie kam nicht als Besucher oder folgte dem Vater zu einem zeitlich befristeten Arbeitsaufenthalt. Sie wollte hier einen neuen Lebensmittelpunkt finden.

Es war zu einer Zeit, als Migranten in Deutschland als solche noch gar nicht wahrgenommen wurden.

Zudem stammten Hiroko und ihre japanische Familie aus einem Land, das in ihrer neuen deutschsprachigen Umgebung historisch Respekt genoss. Ihr Heimatland Japan war hier auf Grund seiner Jahrtausende alten Hochkultur hoch geachtet. Trotz den nicht immer durch Harmonie  gekennzeichneten Beziehungen zwischen Deutschland und Japan im vorausgegangenen Jahrhundert war doch kein durch die Vergangenheit belastetes historisches Spannungsverhältnis zwischen den disparaten Kulturen beider Länder verblieben. Im Gegenteil verband sie eine geschichtlich recht ähnliche Entwicklung als Nationalstaaten. Beide hatten sich im Vergleich zu anderen Großmächten erst spät aufgemacht, ihren jeweiligen Standort in der internationalen Welt zu suchen.

Vor diesem Hintergrund wurden Hiroko und ihre Familie noch als japanische Weltbürger im eingangs genannten Sinne in Deutschland willkommen geheißen. So wurde der Lebensweg von Hiroko von Jugend an im fremden Land nicht durch Problemfelder des modernen Migrantentums beschwert, das in dieser Bevölkerungsgruppe heute oft zu größten Verwerfungen auf individueller und gesellschaftlicher Ebene führt. Hiroko konnte behütet in Deutschland bei ihren japanischen Eltern aufwachsen, in einem Deutschland, das die Japaner gerade in ihre Andersartigkeit mit Interesse akzeptierte.

Ihre Eltern hatten sich in die neue Umgebung eingepasst ohne jemals ihre eigene, japanische Identität aufzugeben. In Hirokos Elternhaus wurde Japanisch gesprochen. Mit deutschen Gästen und außerhalb des Hauses wurde in Deutsch kommuniziert. Das Essen zu Hause war überwiegend Japanisch, aber deutsches Essen bildete keine Ausnahme.

In der Schule wurden Hiroko und ihre Schwester von der Grundschule an ohne große migrationspolitische Bemühungen unkompliziert integriert. Sie konnten sich inmitten ihrer deutschen MitschülerInnen entfalten. Eine ihrer deutschen Schulkameradinnen berichtete einmal, dass sie bei guten Leistungen von ihrem Klassenlehrer dadurch lobend hervorgehoben wurden, dass sie Gemälde von ihren japanischen Mitschülerinnen, die zum Beispiel den Berg Fujiyama oder Kirschblüten zeigten, als Geschenk erhielten.

Diese geglückte Integration der jugendlichen Japanerin Hiroko in einer deutschsprachige Region ließ eine außergewöhnliche Persönlichkeit heranwachsen. Diese befähigte sie, ihren Lebensweg selbstbewusst und zielstrebig unter Rückgriff auf ihre weitläufigen Wurzeln in Deutschland und in Japan zu wählen und zu verwirklichen.


An einer Strassengabelung, die unter Umständen in Richtung einer diffusen, internationalen Welt der Relativität aller Werte gewiesen hätte, verirrte sie sich nicht. Es ist nicht bekannt, ob Hiroko ernsthaft jemals zu einem nomadenhaften Suchen in die große, weite Welt hätte aufbrechen wollen. Eine solche Loslösung aus der ihr vom Schicksal vorgegebenen Bindung an die fernöstliche Kultur Japans einerseits und andererseits an das kulturelle Wertesystem ihrer neuen Heimat des westlich-europäischen, deutschsprachigen Raumes hatte sie wohl nie versucht.

Lokal blieb sie ihr Leben lang mit der relativ kurzen Ausnahme ihrer Ausbildungszeit in Japan im Rheinland sesshaft.

Es mag jedoch sein, dass Hiroko in Ersatz für den heute, durch Technik bedingten Verlust der eingangs beschriebenen geographischen Ferne als Fluchtpunkt aus dem Alltag ihre Arbeit als ihre eigene 'geheimnisvolle Fremde' (Adolf Muschg) gesucht und gefunden hat. Ihre Werke sind dann von einem 'geistigen Abenteuertum' umweht, das sich - wenn auch auf ganz anderen Gebieten - bei ihren ebenso ungewöhnlichen Zeitgenossinnen Dr. Annerose Akaike oder der Franziskanerschwester Caelina  erahnen läßt.

Zum beherzten, durchaus auch energisch vorangetriebenem Gestalten ihres Lebensweges wählte Hiroko ein Instrumentarium aus ihrem japanischen Herkunftsland: Pinsel und Tusche auf Papier. Das Wissen um die japanische Kultur ihrer Eltern und die deutsche Erziehung in der Schule hatte sie zielstrebig durch Vervollkommnung der schon im häuslichen Kreis erworbenen japanischen Sprache und Schrift sowie durch akademische Ausbildung in Bildhauerei an der FHS Design & Kunst in Köln bei Karl Burgeff (1928 - 2005) und Daniel Spoerri (geb. 1939) erweitert.

Ihr Ausbildungsgang hatte Hiroko dann auch konsequent wieder zurück in ihr Geburtsland Japan geführt.

Dort studierte sie Sho 書 (Schriftkunst) in der spezifisch japanischen Tradition des Lernens hoher handwerkliche Kunstfertigkeit bei respektierten Schreibmeistern: Shiryû Morita und Sôfu Okabe wurden ihre Meister (書の大家). Sicher war bei der Auswahl dieser beiden Künstler und Lehrer Hirokos die Erziehung in dem deutschsprachigen Kulturkreis der westlichen Aufklärung von Bedeutung, dass beide Lehrmeister zur japanischen Avantgarde in dieser uralten, traditionellen Kunstart Japans gehörten.

Dank dieser, dem Neuen und Kreativen gegenüber offenen Unterrichtung entwickelte sich Hirokos Kunst auf der traditionellen kalligrahischen Basis Japans mit ihren festgelegten Traditionen der Formen, Arbeitsmethoden, Materialien und geistigen Fähigkeiten wie Disziplin zur Shoga 書画 Sho - Malerei: Über das perfekt Handwerkliche hinaus konnte sie ihre individuelle, künstlerische Meisterschaft in ihren Werken zur Entfaltung bringen. Hiroko ist keine Kalligraphin oder Schreibkünstlerin, sie ist Malerin abstrakter Bilder geworden.

Dieser berufliche Ansatz führte sie nicht aus den beiden Kulturkreisen Japans und des deutschsprachigen Raumes heraus, sondern verband beide wirkungsmächtig in ihrem umfangreichen Werksschaffen. Es fand in zahlreichen Ausstellungen  Aufnahme und hat vor Kunstkritikern wie Irmtraud Schaarschmidt-Richter, Hannelore Kersting und Wolfgang Vomm und Gelehrten wie Roger Goepper und Franziska Ehmke bestanden. Schriften befassen sich mit Hirokos Kunst, nicht nur in Deutsch und Englisch, sondern auch in Japanisch.

Hiroko ist es gelungen den künstlerisch gefährlichen Spagat zwischen zwei Kulturen in ihrer Sho - Malerei kreativ zu meistern, indem sie die japanische Schrift mit ihrer in Japan erlernten Kunstfertigkeit aus ihrem japanischen Umfeld in eine globale Dimension zu heben vermochte. Ihre Malerei, der als Ausgangsbasis, als Material, das japanische Schriftzeichen zu Grunde liegt, kann - abstrahiert - häufig nicht mehr wie Schrift gelesen werden, aber, wie sie einmal sagte, betrachtet werden. Und das Verstehen von Hirokos Bildern durch Betrachten, darf man hinzufügen, reicht dann von ihrer lokalen Heimat des Rheinlandes bis in die globale Welt. Dabei bleibt das regionale Herkommen ihres künstlerischen Mediums aus Japan doch stets bewusst.

Wie hat Hiroko dieses Ziel erreicht? Wie wurde zu einer großen Sho - Malerin?

In ihrem Bild "Kumo"雲 ("Die Wolke") kann man es erkennen: Mit schnellem Pinselstrich, der in höchster Konzentration und meisterhaft handwerklicher Kunstfertigkeit gesetzt ist, vermag sie auch dem nicht Japanisch kundigen Betrachter, dem sich die semantische Bedeutung des geschriebenen Zeichens nicht erschließt, diese in nichtsprachlicher Kommunikation zu vermitteln. Der Betrachter des Werkes ist durch die Kraft und den Schwung der Pinselführung Hirokos dem nahe gekommen, was das Naturphänomen einer Wolke ausmacht: Ständige Bewegung, unaufhörlich ineinander schmelzende und wieder verfliegende Formen; Formen, die in ihrem unablässigem Wechsel nicht zu erfassen sind und doch nicht formlos sind; eine in einem nur sehr kurzen Schaffensmoment durch die Künstlerin grandios zum Ausdruck gebrachte ästhetische Schönheit von universeller Bedeutung und visualisierter, philosophischer Tiefe.

Anderen Wolken Bildern hat sie in diesem Sinn ein japanisches Gedicht beigegeben:

"Aus dem Fisch wird ein Drache/
aus dem Drachen wird ein Pferd/
aus dem Pferd wird eine Brücke/
wo ist die Wahrheit, hinwehende Wolke?"

Die traditionelle japanische Kalligraphie  im Sinne eines kreativen humanen Ausdruckes körperlicher Meisterschaft und die moderne Sho - Malerei überlebten zwar in Japan und haben bis heute Bedeutung selbst in der Massengesellschaft behalten.  Doch organisiert werden sie wie alle anderen Künste in der von Gruppen dominierten japanischen Gesellschaft von rigiden Systemen dichter Netzwerke. Diese verteidigen kommerziell ihre kartellartige Exklusivität.

Eine Künstlerin wie Hiroko, die sich durch ihr Herkommen und Schaffen aus dieser japanischen Gruppentradition herauslöste,  muss es in diesem Umfeld schwer haben, sich einen geachteten Platz zu erringen. Doch bleibt dies ein Desiderat.

Es ist eine gute Homage an Deutschlands Nachkriegsgesellschaft, dass sich hier ein kreatives Talent wie Hiroko zu transnationaler Meisterschaft entwickeln konnte.

In einem Katalog zu einer von Hirokos Gruppenausstellungen wird ein Beitrag zu einem Lichtkünstler mit einem Hinweis auf des weltoffenen Dichters Goethe letzte Worte eröffnet: "Die Fensterladen auf, damit mehr Licht eindringe." Der japanische Dichter Junichiro Tanizaki hätte dagegen vielleicht geflüstert, die Papiertüren (shôji 障子) seines japanischen Raumes zu schliessen, um in Schatten und Dunkelheit zu versinken. Sicher hätte der in Japan hochverehrte Goethe auch dies akzeptiert, wäre ihm das Schicksal beschieden gewesen nach Japan zu gelangen und in seine Kultur einzudringen. Der deutsche Dichter Eduard Jacob schrieb, wenn Goethe heute lebte , "würde er Buddha und Japan lieben".

Hiroko ist durch die Wanderung ihrer Familie in die Welt „nicht nur“ Japanerin geblieben. Sie ist ebenso eine Deutsche geworden, eine Deutsche mit japanischen Wurzeln, eine echte Weltbürgerin mit starker lokaler Verankerung in zwei sehr unterschiedlichen Kulturen. Die japanische Deutsche Hiroko hat uns mit ihren Sho-Malereien in beiden Welten beschenkt, bei ihr haben europäisches Licht und japanische Schatten und Dunkel ihren gleichwertigen Raum.

Daraus speisen sich ihre große künstlerische Überzeugungskraft und der künstlerische Wert ihrer Werke.

Der Lebensweg von Hiroko, der in ihrer Kunst kumuliert, zeichnet in auffälliger Parallelität den Weg des Ursprungslandes ihrer japanischen Vorfahren in die internationale Welt nach.

Die erste Begegnung Japans mit dem europäischen Westen folgte aus dem Vordringen der Portugiesen bis nach Japan. Logistische Basis dieses Vorstoßes in eine unbekannten Welt war dabei für die Portugiesen Goa in Indien.

Auch Hirokos Familie gelangte durch den Beruf und wohl auch den geistig kreativen Drang des Vaters, der Ingenieur war, von Japan nach Goa in Indien. Vemutlich hoffte er den Nachkriegsnöten des im 2.Weltkrieg geschlagenen Japans zu entfliehen. Dort erfolgte die erste Begegnung Hirokos mit Europa in einem Internat, das von westlichen, katholischer Karmeliterschwestern geführt wurde.

Von hier zog die japanische Familie nach Deutschland, das zumindest die Kinder nunmehr entscheidend prägte.

Hiroko ist durch diese Wanderung ihrer Familie in die Welt „nicht nur“ Japanerin geblieben. Sie ist ebenso eine Deutsche geworden, eine Deutsche mit japanischen Wurzeln, eine echte Weltbürgerin mit starker lokaler Verankerung in zwei sehr unterschiedlichen Kulturen.

Daraus speisen sich ihre große künstlerische Überzeugungskraft und der künstlerische Wert ihrer Werke.

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