Informationen&Quellen 参考文献
ハイセ・リヒャルト「日本人の忠誠心と信仰」
Richard Heise "Über Loyalität und religiöse Überzeugung der Japaner"
Oben: Statue von zwei Mitgliedern der Truppe der Weissen Tiger (byakkotai) vor dem Bahnhofsgebäude von Aizu Wakamatsu; rechts: Gedenktafel zur geistigen Grundlage der Truppe der Weissen Tiger, Loyalität.
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Erich Heise (rechts) mit H.K. Rode (links), Foto: Hans.K.Rode
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Inschrift: "Ein Deutscher - den jungen Rittern von Aizu", 1935
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Inschrift der Vorderseite:
"S . P . Q . R (Senatus Populusque Romanus)
NEL SEGNO DEL LITTORIO ROMA MADRE DI CIVILLA CON LA MILLENARIA COLONNA TESTIMONE D'ETERNA GRANDEZZA TRIBUTA ONORE IMPERITURO ALLA MEMORIA DEGLI EROI DI BIACCO - TAI ANNO MCMXXVIII - VI FRA FASCISTA"
Inschrift auf dRückseite:
"S . P. Q. R. ALLO SPIRITO DEL BUSHIDO"
Loyalität und Treue
Richard Heise ist einer der Deutschen, die in der deutsch-japanischen Geschichte einen herausragenden Platz in Japan bis heute einnehmen und die in ihrer deutschen Heimsat heute nahezu unbekannt sind. Seine Schriften zu Japan befassen sich überwiegend mit Loyalität, opferbereitem Heldentum des Menschen und religiöser Überzeugung.
In Japan geniessen solche Werte traditionell einen hohen Stellenwert bis in die Gegenwart, wenn sie dort sicher auch im Verblassen sind. Daher ist der Deutsche Richard Heise hier auf Grund seines schriftstellerischen Wirkens so geehrt, dass er an einem in der japanischen Geistesgeschichte auserwählten Ort sogar zusammen mit seiner engsten Familie begraben wurde.
Grabstelle von Familie Richard und Erich Heise
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Der Ort strahlt bis heute für viele Japaner eine mysthische Aura aus. Es ist daher bemerkenswerte Ehre, dass dem Deutschen und seiner deutsch-japanischen Familie gerade dort ein grosses Grabmal zugestanden wurde. Hier ist der letzte Ruheplatz der „Truppe der Weissen Tiger“ byakkotai Video 白虎隊).
Die Gräber der Truppe der Weissen Tiger (byakkotai)
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Die Geschichte dieser Truppe junger Männer ist in Japan wohlbekannt: In innerjapanischen Kämpfen, die 1868 zur Meiji-Restauration führten, trafen die Streitkräfte, die dem Tenno treu ergeben waren und ihn in die politische Macht wieder einsetzten wollten (Sonnô jôi 尊皇攘夷), auf Truppen der diese Macht Jahrhunderte lang innehabenden Shogune der Tokugawa im politischen Herrschaftszentrum des Lehentums Aizu, das die Shogunatsherrschaft unterstützte. Hier wurde eine in vier Abteilungen gegliedete Truppe unter dem Namen "Truppe der Weissen Tiger" aufgestellt. Als sie in den Kampf ging, begingen 20 junge Männer einer der vier Abteilungen angesichts ihrer Aussichtslosigkeit auf Sieg rituellen Selbstmord (seppuku) .
Diese Selbstentleibung erfolgte mit Blick auf das Schloß ihres Lehensherren, die "Kranichburg" Tsurugajô 鶴ヶ城 von Aizu.
Die Gräber der jungen Krieger sind auf dem Berg Iimoriyama 飯盛山 in der Stadt Aizu Wakamartsu nahe der Stelle, an der sie sich selbst entleibten, zu finden.
Das sich ebenfalls dort befindende Byakkotai-Gedächtnismuseum 白虎隊記念館 gibt Zeugnis dieses tragischen Ereignisses.
Gedenkanlage der Gräber mit Museum auf dem Berg Iimoriyama in Aizu Wakamatsu
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Mit welcher Intensität die Geschichte der „Byakkotai“ in Japan mit großer Breitenwirkung bis heute fortlebt, zeigt ihre Präsenz in zahlreichen japanischen Schlagern (Audiovideo) (enka), Filmen, Schriften und Gedichten.
Am bekanntesten ist die Verewigung der jungen Helden in dem japanischen Gedicht von Doi Bansui 土井晩翠 (1871 -1952), das kongenial von dem ebenso jungen, früh verstorbenen musikalischen Genius Rentarô Taki in Ton gesetzt wurde: "Mond über der alten Burg" (kôjô no tsuki 荒城の月 (Video). Die brilliante deutsche Übersetzung des Gedichtes stammt von dem deutschen Pater in Japan Hubert Cieslik SJ, Sophia Universität H.チースリク神父上智大学教授. (Siehe zu diesem außergewöhnlichen Mann: Lebensbild von Klaus Luhmer: "Von Köln nach Tokyo", S.110f).
Frühlingsfest zu froher Stund‘
Auf des Schlosses Saal,
Funkelnd glänzt der Becher Rund
Dort im Mondenstrahl.
Mondlicht, das in stiller Wacht
durch der Kiefern Kron‘
Schien in jener Frühlingsnacht.
Bist verschwunden schon?
Kalter Herbstnacht weißer Reif
Deckt der Krieger Zelt.
Und der Wildgans laut Geschrei
Durch die Stille gellt.
Mondlicht, das zu jener Nacht
Schien in fahler Ruh‘
Dort auf blut’ger Waffen Pracht,
Bist verschwunden Du?
Trümmer decken jetzt das Feld
Wenn zu Mitternacht
Hier der Mond wie einstens hält
Seine stille Wacht.
Bäume nur, nicht Ritter stehn
An dem alten Turm.
In den Kiefern, auf den Höh‘n
Heult sein Lied der Sturm.
Mondlicht jetzt am Himmel steht.
So wie einst zu sehn.
Nur der Lauf der Welt erlebt
Blühen und Vergehn.
Willst Du, Mond, auch heute noch
Uns erzählen sacht
Was Du auf den Trümmern dort
Schaust zu Mitternacht?“
Bekannt wurde die Geschichte der "Truppe der Weissen Tiger" (byakkotai) ausserhalb Japans zuerst durch Robert Baden-Powell, den Gründer der Pfadfinder-Bewegung, der sie in London 1920 vortrug. Richard Heise, der fasziniert von dieser heroischen Geschichte war, die ihm Ansporn und Initiative zu seinen Büchern lieferte, hat im Gegensatz zu Baden-Powell jedoch keine bleibende Wirkung ausserhalb Japans, nicht einmal in seiner deutschen Heimat entfalten können, obwohl er dies durch Bücher und Vorträge durchaus versuchte. Seine Wirkung blieb auf Japan bis heute beschränkt.
Soviel Herzblut legte Heise in die Verarbeitung dieser Geschichte, dass er zusammen mit seiner japanischen Ehefrau Yoshi Wada 和田ヨシ (1895-1942) neben den Gräbern der Byakkotai begraben werden wollte, und die Japaner ihm dies auch zugestanden haben. Das Grab liegt neben dem eines der 20 Jünglinge - einem Samurai namens Sadao (Sadakichi) Inuma, der noch im lebenden Zustand nach dem Selbstmordversuch aufgefunden und gesund gepflegt wurde. Auch er wurde 1931 entsprechend seinem Wunsch auf dem Berg Iimoriyama begraben.
Auch der älteste Sohn des Ehepaares, Erich Kameichirô Heise (1913 - 1983) und dessen aus Russland stammende Ehefrau Nina Heise sind dort begraben, obwohl sie in München verstorben waren. Erich Heise hatte ein Joint Venture-Unternehmen von Beiersdorf und Kao gegründet und war deren erster Vizepräsident geworden. Auch hatte er die deutsche Wirtschaft in Japan als Präsident der Deutschen Industrie- und Handelskammer in Japan vertreten.
Zudem war Erich Heise offensichtlich auch Vorsitzender des Schulvorstandes der Deutschen Schule Tôkyô (?) laut 20. Jahresbericht der Deutschen Schule Tôkyô, 1974, S. 48) und hatte 1967 das erste Gebäude der Schule in Ômori eingeweiht.
Die ungewöhnliche Grablegung der beiden ausländischen Familien Heise an einem so aussergewöhnlichen Ort kam auf Betreiben der Alumi-Verbindung der Hitotsubashi Universität zustande, an der Richard Heise lange Jahre als Hochschullehrer gewirkt hatte.
Von Grab der Familie Heise aus schweift der Blick des Besuchers weit in das in der japanischen Geschichte bedeutsame Lehensgebiet Aizu hinüber, lässt die ehemalige Grandiosität seiner im Boshin Krieg 戊辰戦争 untergegangen Bedeutung erahnen und in eine tragische Dimension heben.
Woher stammt diese Diskrepanz in der Einschätzung des Wirkens von Richard Heise, in Japan hochverehrt und in Deutschland vergessen?
Die Antwort liegt wohl am ehesten in der Ausnutzung von ursprünglich in der Gesellschaft verwurzelten und respektierten obigen moralischen Werten wie Loyalität und Heldentum in Japan und Deutschland durch politische Kräfte in eigenen, nicht selten schandbaren Interessen. Mit diesem Missbrauch verbindet sich für die heutigen Deutschen die Vorstellung, dass solche Wertvorstellungen für einen Weltkrieg und die in der Geschichte beispiellose Ausrottung unschuldiger Menschen im Holocaust in fabrikmässiger Präzision eine geistige Basis mitgebildet haben. In dem liberalen Demokratisierungsprozess der Bundesrepublik war für Gedankengut wie das von Richard Heise ebenso wenig Platz wie in dem sozialistischen Umfeld der Deutschen Demokratischen Republik, im Gegenteil mag vielen politischen Akteure dieses als Ungeist vorgekommen sein, das man glücklich überwunden zu haben glaubte.
Der Weg zur Grabstätte von Richard Heise macht auf diese Verbindung schnell visuell aufmerksam: Man passiert zunächst das ansehnliche, aber unauffällige Denkmal des deutschen Diplomaten Hasso von Etzdorf (1900-1989) für die "Truppe der Weissen Tiger", die Byakkotai:
Gleich dahinter erhebt sich ein monumentales Denkmal des faschistischen Italiens.
Nach der Kriegsniederlage Japans im 2.Weltkrieg wurden beide Denkmäler von den alliierten Siegermächten abgeräumt; nach dem Friedensschluß wurden beide wieder an ihrer alten Stelle aufgebaut.
Das seine Umgebung durch Größe schon optisch gewaltsame und seine Umgebung erdrückende italienische Denkmal Mussolinis ist als Zeichen des faschistischen Größenwahns eine böse Verunglimpfung der unschuldigen Ideale der jungen Japaner, der jungen Männer der "Truppe der Weissen Krieger" (byakkotai), die hier begraben sind und verehrt werden.
Dem Wiedererrichten des Denkmales von Hasso von Etzdorf für die "Truppe der Weissen Tiger" durch dessen Familie mag man jedoch in seiner räumlich eher bescheidenen Dimension und in Angedenken der zeitbedingten, idealistischen Verehrung eines konservativen, deutschen Diplomaten für die „Truppe der Weissen Tiger“ eher seine Berechtigung zubilligen. Denn dürfen wir heute rückwirkend aus unserem heutigen Wissen um die inhumanen Verbrechen der Nazi-Herrschaft heraus Menschen und Werke von solchen Deutschen wie Hasso von Etzdorf und vielleicht sogar von Richard Heise hier in eine direkte Ursachenkette einreihen und ihnen ihren zeitgeschichtlichen Bezug nehmen? Oder unterliegen wir hier nicht einem ahistorischen Missverständnis?
Vielleicht hatte Richard Heise ebenso wie Hasso von Etzdorf und wie unzählige Anderer nach dem 1.Weltkrieg, dem ersten totalen Krieg, in dem der Mensch nur noch Schlachtenfutter war und durch den alle Ideale über männlichen Ritterkampf ad absurdum geführt wurden, im japanischen Bushido noch einmal an erträumte, an zerbrochene Werte seiner Jugend anknüpfen können, in einer großen Bewegung zurück in längst Vergangenes. Diese reaktionäre Besinnung war heroisch und tragisch zugleich, da idealistisch als Vorstellung und in der Realität zum Scheitern verurteilt, lebt aber sicher in unzähligen romantischen Historienfilmen Japans bis heute weiter: Fluchtpunkte in einer unüberschaubaren, intransparenten technisierten Welt der Moderne, in der ritterliche Ideale des Opfertums des Einzelnen mit seinem Leben für eine Gemeinschaft zu erbringen, Unsinn geworden zu sein scheint - in unserer Zeit der totalen Vereinsamung des Einzelnen, in der das "zoon politicon" Mensch sich immer noch nach sozialen Bezügen sehnt und nur noch in der exotischen-romantisierten Vergangenheit zu finden vermag. Man denkt bei Richard Heise an den heldenhaften Kampf der "Sieben Samurai" (Video) im Film von Akira Kurosawa, in dem der im Schwertkampf unbesiegbare Samurai durch einen einzigen, feigen Pistolenschuss niedergestreckt wird.
Dieses tragische Szenario wird über der japanischen Grabstelle von Richard Heise, die in so weiter Ferne von seiner deutschen Heimat liegt, durch die großartige Szenerie gewaltiger düsterer Wolkenhaufen vor blau-grauen Winterhimmel dramatisch unterlegt. Fukushima, die grauenhafte Stätte menschlichen Scheiterns und seiner Technikbeherrschung, liegt nur wenige Dutzend Kilometer Luftlinie entfernt.
Richard Heise wurde in Kiel geboren. Einiges in seiner Umgebung deutet schon auf seinen späteren Aufbruch in exotische Fremde hin, begünstigte wenigstens diesen Auszug aus seiner Heimat: So öffnete sich mit der Gründung des Deutschen Reich seine Geburtsstadt als preussischer Marinehafen der Welt. Der Vater war überdies Missionar in Indien gewesen. Die Mutter kam aus einer dänischen Familie, die der Königsfamilie nahestand.
Richard Heise soll nach Abschluß des Gymnasiums in eine Kadettenanstalt eingetreten sein. Zur Ausbildung war er in Frankreich und 5 Jahre in England. 1902 siedelte er als Hochschullehrer nach Japan um, wo er bis 1924 blieb. Warum Heise nach Japan ging, ist unklar. Zu vermuten ist aber, dass er von dem Gründer der Anglistik in Japan, Kanda Naibu 神田乃武, der in London und in Kiel studiert hatte, nach Japan eingeladen worden ist.
Richard Heise unterrichtete in Japan Deutsch an der Tôkyô Hochschule für Handel (heute: Hitotsubashi Universität) und an der Gakushuin-Universität.
Dort sollen noch von ihm selbst verfasste Unterrichtsbücher erhalten sein. Auch soll Heise an der japanischen Adelsschule mit dem späteren Showa-Tenno zusammengetroffen sein, als dieser noch Kronprinz war.
Von 1928 -1930 lebte Richard Heise mit seiner Familie in Genf. Er verstarb auf einer Reise in China.
„Mond über der alten Burg
Frühlingsfest zu froher Stund‘ Auf des Schlosses Saal, Funkelnd glänzt der Becher Rund Dort im Mondenstrahl. Mondlicht, das in stiller Wacht durch der Kiefern Kron‘ Schien in jener Frühlingsnacht. Bist verschwunden schon? Kalter Herbstnacht weißer Reif Deckt der Krieger Zelt. Und der Wildgans laut Geschrei Durch die Stille gellt. Mondlicht, das zu jener Nacht Schien in fahler Ruh‘ Dort auf blut’ger Waffen Pracht, Bist verschwunden Du? Trümmer decken jetzt das Feld Wenn zu Mitternacht Hier der Mond wie einstens hält Seine stille Wacht. Bäume nur, nicht Ritter stehn An dem alten Turm. In den Kiefern, auf den Höh‘n Heult sein Lied der Sturm. Mondlicht jetzt am Himmel steht. So wie einst zu sehn. Nur der Lauf der Welt erlebt Blühen und Vergehn. Willst Du, Mond, auch heute noch Uns erzählen sacht Was Du auf den Trümmern dort Schaust zu Mitternacht?“