Burgmayer, Heinrich ブルクマイヤー・ハインリヒ (Freundlieb, Heinrich ハインリッヒ・フロインドリーブ, 1884-1955), Bäckermeisterパニ屋サン

Nahezu 100 Jahre Essen-Tradition Deutschland-Japan: Das Filmleben eines deutschen Bäckermeisters

"Deutsch" und "Deutschland" haben in den vergangenen Jahrzehnten ihren herausgehobenen Stellenwert in ursprünglich so vielen Gesellschaftsbereichen in Japan eingebüsst. Dass die deutsche Sprache eine Art Code für die Verständigung unter Intellektuellen und der Elite des Landes war, ist lange her. Heute führt Deutsch allenfalls noch - in häufig kurioser sprachlicher Form - ein auffallendes Dasein unter japanischen Massenverbrauchern. Im staatlichen Fernsehen ist nicht einmal mehr Deutsch-Unterricht angeboten!

Nur die assoziative Verbindung "Musik und Deutschland" scheint in Japan in der japanischen Vorstellungswelt ungebrochen seit gut 100 Jahren.

Und doch trifft man auch an anderer Stelle auf lebendige Relikte dieser "deutschen Hoch-Zeit" in Japan, wo sie noch glitzernd "deutsche" Erinnerungen in Japan hervorrufen, wenn ihre Trägerschaft auch schon ganz überwiegend aus den deutschen, österreichischen oder schweizerischen in japanische Hände überging: Dazu gehören weniger mit hohem Alter befrachtete deutsche Territorien in Japan wie Medizin, Philosophie oder die deutsche Hochsprache. Solches Funkeln findet man eher im Bereich des Massenkonsums wie Nahrungsmitteln oder Tourismus.

So hat ein in Japan als typisch "deutsch" empfundenes Produkt wie "Wurst und Schinken" oder "Brot" noch seinen herausgehobenen Stellenwert behalten, wenn dieser auch heute von japanischen, kaum mehr von deutschen Firmen in der Absatzstrategie nutzbar gemacht wird wie das beispielhaft und mit Erfolg in dem Unternehmen Saiboku der Familie Sasazaki geschieht.

Aber auch die Lebensspuren deutscher Pioniere der Nahrungsmittelindustrie wie Hermann Wolschke, Karl Juchheim, Carl Weidl-Raymon oder August Lohmeyer und Helmut Ketel sowie des Schweizer Pionier der westlichen Essenskultur in Japan, Carl Jacob Hess "Charlie Hess", lassen sich vor dieser Entwicklung der letzten 100 Jahre in einen entsprechenden Zeitstrahl einordnen.

Auch der Bäckermeister Heinrich Freundlieb und seine Nachkommen existieren in einem breiten Bewusstsein der japanischen Gesellschaft bis heute fort:

In der Lebensgeschichte der Familie Freunlieb in Japan ist auch von besonderer Bedeutung für "Deutsch" in Japan, dass sie eng verbunden ist mit den verschiedenen Ausländersiedlungen in Japan外国人居留地」, in diesem Fall mit Kôbe. Eine Wiederbelebung ihres Stellenwertes haben diese in den letzten Jahrzehnten Dank der Massentourismusindustrie erfahren. Sie hat auch viele Orte der deutschen Erinnerungskultur in Japan wie Ausländerfriedhöfe in Tôkyô, Yokohama oder Kôbe und Bauwerke in Yokohama oder Kôbe zu neuem Glanz kommen lassen.

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Heinrich Freundlieb ハインリッヒ・フロインドリーブ (1884-1955) gab die Vorlage für die Hauptrolle in der TV-Serie des staatlichen japanischen Fernsehsenders NHK "Kazamidori" ("Wetterhahnhaus"), die von 1977 bis 1978 in mehreren Folgen ausgestrahlt wurde. Diese Rolle wurde unter dem Namen "Heinrich Burgmayer" ブルクマイヤー・ハインリヒ von dem russisch-japanischen Schauspieler Ryô Hikime 蟇目良 gespielt.

Der Filmtitel nimmt Bezug auf ein westliches Haus im Bezirk Kitano in Kobe, eben das „Wetterhahnhaus“ (Kazamidori) 神戸市風見鶏の館), das aber nicht identisch mit dem tatsächlichen Haus des obigen deutschen Bäckers Freundlieb ist.

Das "Wetterhahnhaus" wurde 1904 von dem deutschen Architekten Georg de Lalande ゲオルグ・デ・ラランデ (1872-1914) erbaut im Auftrag von einem deutschen Kaufmann namens Thomas, der in Yokohama eine Handelsfirma führte, aber nach Kobe umsiedelte. Bis zum Ausbruch des 1. Weltkrieges wohnte die Familie Thomas dort. In den Sommerferien in Deutschland 1914 wurde die Familie Thomas vom Krieg überrascht und kehrte einige Jahre nicht nach Japan zurück. Zwischenzeitlich ging das Haus unter ungeklärten Umständen in japanischen Besitz über (Hirose: "Kazamidori Nazatoki no Tabi).

Nach der Filmserie ist der deutsche Bäcker Burgmayer mit anderen deutschen Kriegsgefangenen im 1. Weltkrieg aus Tsingtau in ein japanisches Kriegsgefangenenlager gebracht worden. Dieses Lager liegt auf der Insel Shikoku. Burgmayer bricht aus dem Lager aus und versucht sich mit einem kleinen Boot auf die Hauptinsel Honshu durchzuschlagen.

Völlig erschöpft wird er von einer japanischen Fischerfrau aufgegriffen und gerettet. Eine Liebesgeschichte zwischen dem Deutschen und der Japanerin entwickelt sich. Das Paar eröffnet dann in Kobe einen Bäckerladen.

In den einschlägigen Namenslisten der deutschen Kriegsgefangenen, die aus Tsingtau in japanische Gefangenlager geschickt wurden, taucht ein Name "Burgmayer" oder in ähnlicher Schreibweise nicht auf. 

Allerdings taucht der Name tatsächlich in Kôbe auf, denn dort hat es nach der japanischen Wikipedia das "Kaffeehaus Burgmayerカフェ「ブルクマイヤー」 bis in die 1990er Jahre gegeben. Das Haus war 1907 in Kôbe, Kitano 1-chome, als "Residenz Mr. M.J.Shie" M.J.シェー邸 errichtet worden. Nach dem 1.Weltkrieg soll es von Heinrich Burgmayer erworben worden sein und hiess "Alte Burgmayer Residenz" 旧フロインドリーブ邸」 und in jüngerer Zeit "Haus der Kitano-Geschichte" 北野物語館. Es könnte sein, dass dieser japanische Name aus der TV-Serie zurückdatiert wurde, um die touristische Aufmerksamkeit zu erhöhen.

Jedenfalls leben beide Namen, Heinrich Burgmayer und Heinrich Freudlieb, in Japan bis in unsere Zeit fort: In Sapporo gibt es noch heute eine Bäckerei namens „Burg Bakery“, die deutsches Brot als „Burg“ verkauft, was eine Kürzung des Namens „Burgmayer“ sei. Es wird im Werbeslogan behauptet: „Deutsches Brot ist gleich Burgmayer" 「ドイツパンといえばブルク」.

Auch eine detaillierte Studie zu Deutschen in Hokkaido erwähnt dieses "Burg- Brot", allerdings ohne Bezug auf die Herkunft des Namens.

Heinrich Burgmayers reale Vorlage, der genannte Heinrich Freundlieb, errichtete in der ebenfalls schon erwähnten "Alten Burgmayer Residenz" 旧フロインドリーブ邸」, b.z.w. in jüngerer Zeit "Haus der Kitano-Geschichte" 北野物語館 seine Firma "Freundlieb." Seit 2009 ist in diesem Haus ein „Starbucks Coffee" スターバックスコーヒージャパン 「神戸北野異人館」 eingezogen.

Heinrich Freundlieb hatte sich 1920 mit der Japanerin Yon Takagi 高木ヨン (?-1978) verheiratet. 1924 hatten sie gemeinsam in Kôbe eine Bäckerei eröffnet. Sie hatten mindestens einen 1920 in Kôbe geborenen Sohn:

In der Schülerliste der Deutschen Schule Kobe sind ab 1928 ein Harry und ein Heini (Heinrich) Freundlieb aufgeführt. Harry ging demnach 1928 in die 1.Grundschulklasse, Heinrich 1930 in die 3.Grundschulklasse. Vermutlich handelt es sich in beiden Fällen um den 1920 geborenen Heinrich II Freundlieb, der auch Harry genannt wurde. Nach dem englischen Lebenslauf ist er 1932 zur Bäckerlehre nach Dortmund geschickt worden und machte 1935 die Gesellenprüfung.

Heinrich (Harry) II Freundlieb hatte die Japanerin Hella Freundlieb-Uehara ヘラ・フロインドリーブ・上原 geheiratet. 1955 nach dem Tod von Heinrich Freundlieb übernahm er die Firma "Freundlieb" und benannte sie um in "German Home Bakery. H.Freundlieb" 有限会社ジャーマン・ホーム・ベーカリー. Er führte sie gemeinsam mit seiner Frau.

Dieses Unternehmen zog 1999 in das Gebäude der ehemaligen Union Kirche in Kôbe. Schon im Jahr 1989 war in Hannover ein japanisches Restaurant eröffnet worden 日本料理レストラン白馬, 有限会社ジャーマン・ホーム・ベーカリー.



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