Yokoo, Tatsuhiko 横尾龍彦 (1928 - 2015), Maler

Nihonga Bilder, geschaffen mit märkischem Sand

横尾龍彦 と 横尾喜子

Kerber Verlag und Tatsuhiko Yokoo (Hrsg.):"Tatsuhiko Yokoo 1988-2010". Kerber Verlag, Bielefeld/Leipzig/Berlin, 2010, ISBN 978-3-86678-388-1
 
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横尾 龍彦 「紅顔いずこへ去りにし」
東京自由大学会員
リレーエッセイ 第一


Performance von Tatsuhiko Yokoo in Frankfurt am Main 2011 (YouTube Video)

Ausstellung Yokoo in Berlin 2012

Ausstellung
: "YOKOO Tatsuhiko / Malerei + Axel ANKLAM /Skulpturen"
16. August bis 27. September 2013 im JDZB



履歴書



1928年 福岡に生まれる。東京芸術大学日本画科卒

1965年 第1回渡欧、シトー会奨学金パリ・ジュネ-プに1ヶ年居住、中世美術の研究。

1972年 イタリア旅行、ローマに1年滞在、ローマ幻想連作

1973年 画集『幻の宮』芸術生活社より刊行。

1975年 古典油彩技法研究のため、ベルギー、ドイツ旅行、ウィーンに1ヶ年居住。

1977年 ドイツ、スペインにてボッシュに傾倒、ヴォルブスベ-デ滞在

1978年 ルドルフ・シュタイナー研究会高橋巌教授のセミナーに参加

1978年より鎌倉三雲禅堂山田耕雲老師に師事、以後毎年接心、独参を受ける

1980年 ドイツ移転、オスナブリュックに居住BBK・ドイツ美術家連盟会員

1985年 ケルン郊外に居住, 現在ベルリンと秩父にアトリエを設け東西を往来

1989年 東京サレジオ学園の聖像彫刻、吉田五十八賞受賞



In dem kleinen Dorf Metzdorf, Teil der Gemeinde Bliesdorf im Landkreis Märkisch-Oderland in Brandenburg, schafft ein japanischer Maler und Bildhauer unermüdlich seit 17 Jahren bedeutende Kunstwerke. Seine früheren Kunstwerke sind von grotesken Figuren in surrealen Sphären bevölkert. In den letzten Jahrzehnten malte er nur abstrakte Gemälde. Die Farben werden in der japanischen Nihonga Tradition erstellt, wobei der japanische Künstler auch den Sand seiner märkischen Umgebung benutzt, den er mit Farbpigmenten und Grundierung vermischt. Die Farben seien von größerer Beständigkeit als herkömmliche chemische Farben, betont er. In jüngerer Zeit findet der Betrachter wieder Ansätze figürlicher Elemente in den Gemälden integriert.

Vor zwei Jahrzehnten kam der Japaner Tatsuhiko Yokoo nach Metzdorf im romantischen, weitläufigen und doch auch spröden märkischen Land.

Die Begrüßung durch die etwa 200 Dorfbewohner in der Nachwendezeit geschah nicht mit offenen Armen. Man war misstrauisch gegenüber dem Fremden aus dem Fernen Osten. Doch dieser ließ sich nicht entmutigen. Im Gegensatz zu den Erwachsenen kamen ihm die Kinder des Dorfes mit Neugier und Staunen entgegen. Durch die Fenster einer durch ihn zum Atelier umgebauten Kantine in einer alten LPG-Barracke sah er täglich die forschenden Blicke einiger Dutzend Kinder von Aussen auf sich gerichtet. Diese lud er in sein Haus ein, erklärte ihnen seine Kunstwerke, kaufte für sie Malutensilien und Papier, mit denen er sie zu eigenem künstlerischen Schaffen ermunterte. Ein voller Erfolg! Nach einigen Monaten kamen die Kinder täglich nach dem Schulunterricht in sein Atelier.

Schließlich konnte er sogar eine Ausstellung der Malereien der Kinder arrangieren, zu der dann auch endlich die Eltern in seinem Atelier erschienen. So wurde ein wunderbares Band der Kommunikation und Wertschätzung der Dorfbewohner von Metzdorf zu ihrem japanischen Miteinwohner geflochten, so intensiv, daß er selbst zeitlich kaum mehr zu seiner eigenen künstlerischen Tätigkeiten kam, wie dieser ebenso humorvolle wie geduldige und menschliche Künstler lachend berichtet.

Im Laufe der Jahre trug Tatsuhiko Yokoo einen weiteren bedeutenden Baustein zu den deutsch-japanischen Beziehungen bei:

Zunächst in seiner japanischen Heimat, dann auch in Deutschland machte er den Namen eines weitgehend unbekannten, tragischen japanischen Helden der Humanität,  den von Dr. Nobutsugu Koenuma (1909-1946), überregional bekannt. Dieser in Wriezen lebende Arzt hatte in der Nachkriegszeit, als unzählige deutsche Flüchtlinge aus ihren Siedlungsgebieten im Osten vertrieben wurden und die märkische Region auf ihrer Flucht nach Westen durchstreiften, diesen von September 1945 bis März 1946 als Leiter des Typhuskrankenhaus Wriezen selbstlos medizinische Hilfe zukommen lassen. Unzählige Menschen wurden dadurch vor dem Tod gerettet. Dr.Koenuma infizierte sich selbst von seinen Patienten und verstarb in diesem Einsatz.

Tatsuhiko Yokoo unterstützte, beziehungsweise initiierte in zahlreichen Medien Japans die Geschichte des japanischen Arztes. In Wriezen schuf er gemeinsam mit seinem deutschen Schüler und Freund, dem Bildhauer Axel Anklam , kostenlos ein Denkmal für Dr. Nobutsugu Koenuma. Für das Material sammelte er in Japan einen fünfstelligen Betrag. Die Stadt ernannte Dr.Koenuma 1994 zu ihrem Ehrenbürger.

Tatsuhiko Yokoo stammt von der südlichen Hauptinsel Kyushu im japanischen Archipel, geboren in der Stadt Fukuoka. Da sein Vater in der damaligen Wirtschaftskrise kein materielles Auskommen für seine Familie finden konnte, wanderte er nach Taiwan aus, das damals japanische Kolonie war. Nach durch die Kriegsniederlage erzwungener Rückkehr nach Japan bei Kriegsende und Schulabschluß nahm der junge Mann ein Studium in der Abteilung für japanische Malerei (Nihonga) an der Kunst-Akademie in Tôkyô (Tôkyô Geijutsudaigaku) auf. In der vollkommen zerstörten Stadt in einem geistig und materiell verwüsteten Umfeld fristete er dort ein hoffnungsloses und trostloses Dasein.

Ein Wendepunkt in seinem Leben suchte Tatsuhiko Yokoo, der eine Missionsschule besucht hatte, in tieferer Begegnung mit dem Christentum in Japan, zunächst in der Form des protestantischen Glaubens. Doch konnte er in der nüchtern-intellektuellen Ausrichtung dieser christlichen Richtung keine, seinen seelischen Nöten hinreichend Antwort gebende religiöse Befriedigung finden. So wandte er sich nach einer gewissen Zeit von dieser christlichen Glaubensrichtung ab und der katholischen Kirche zu. Auch hier durchlebte er verschiedene Phasen seines Glaubens und seiner eigenen seelischen Verfassung. Doch entwickelte er zum Katholizismus mit seiner ihn als Künstler auch emotional ansprechenden Dimension eine tiefe innere Affinität, die bis heute dauert.

Auch in der katholischen Kirchengemeinde freilich blieb ihm die bittere Erfahrung von Eintönigkeit und Festgefahrenheit eines von ihm sehr oft als innerlich aussagelosen, konventionell empfundenen Kirchenalltages nicht erspart. In der menschlichen Begegnung mit dem deutschen Jesuitenpater Enomiya Lassalle, über den neben anderen die Zen-Meditation aus Japan heraus Eingang in die universale katholische Kirche fand, konnte er seine neuen Zweifel am Christentum überwinden. Er durchlief die harte Schule dieser Meditationen-Technik des Zen bei dem Zen-Meister (rôshi) und Leiter der San-Un-Zen-Halle in Kamakura Kôun Yamada. In Verbindung mit dem Katholizismus führte ihn die Zen-Meditation nun endgültig aus der Bedrängnis seines Lebens, Angst und Hoffnungslosigkeit, heraus und machten aus ihm eine in sich selbst ruhende Persönlichkeit. Seinem großen Meister und Lehrer Pater Lassalle SJ blieb er bis zu dessen Tod treu verbunden. Er besuchte ihn regelmässig, später noch bis zu dessen letzten Tagen auf dem Krankenbett in Deutschland.

Auch heute führt Tatsuhiko Yokoo in seinem Haus im abgeschiedenen märkischen Ort Metzdorf regelmäßig meditative Zen -Zusammenkünfte durch. Obwohl die Ausübung der Zen-Meditation in der katholischen Kirche bis heute umstritten ist, sollen diese bereits bei tausenden Katholiken, besonders in den Ordensgemeinschaften der Benediktiner und Franziskaner praktiziert werden.

Obiger Lebensweg läßt sich in den verschiedenen künstlerischen Phasen des Bildhauers und Malers Yokoo ablesen: Während die Werke seiner ersten Schaffensjahrzehnte eher depressive Imaginationen von den Betrachter erschreckenden Fabelwesen wiedergeben, lichten sich seine abstrakten Werke der Folgejahrzehnte deutlich, vermitteln starke Energien und häufig eine lichte Helligkeit oder Farbigkeit, die aus dem Dunkel nicht selten hervortritt. Diesen Kunstwerken hat der durch die Zen-Meditation abgeklärt humorvolle japanische Künstler häufig den Namen 'Wind' gegeben: "Käme dieser nun morgen und nähme ihn mit – Tatsuhiko Yokoo würde lächeln", hat  Juliane Felsch in der Märkischen Allgemeinen schön bemerkt.

Ein Künstler wie Tatsuhiko Yokoo hatte es von Beginn an in einem stark organisierten Kunstbetrieb wie er in Japan üblich ist schwer. Dazu kam, dass das Studium der Nihonga Malerei strengen Regeln unterworfen war, das kaum individuelles Schaffen erlaubte und seine Kreativität nicht zur Entfaltung kommen ließ. Ein erster Ausbruch aus dieser engen Kunstwelt gelang ihm 1962 mittels eines Stipendiums des Zisterzienser Ordens der katholischen Schule, an der er als Kunsterzieher angestellt war, und mit dem er in Paris und Genf ein Studienjahr verbringen konnte.

Zwar war es ihm auch in Paris nicht möglich, seine Werke zu verkaufen. Dies gelang ihm erst während seiner Weiterfahrt nach Genf. Was wichtiger war: Diese Reise war Anfang einer intensiven Beschäftigung des Künstlers mit der europäischen Kunstgeschichte. Sein Werk steht seit dieser Zeit in ständigem Austausch westlicher und östlicher Facetten des Denkens und Schaffens.

Nach einer Rückkehr von seinem Studienaufenthalt nach Japan kehrte er ab 1972 (Italien), 1975, 1976, 1977 (Belgien, Deutschland, Österreich) immer wieder längere Zeit nach Europa zurück. 1979 schliesslich siedelte er ganz nach Deutschland: In Osnabrück half ihm ein deutscher Kunstmäzen sich eine wirtschaftliche Basis als Künstler aufzubauen.  1985 wagte der Künstler aus dieser regionalen Kunstszene den Sprung in die Kunstmetropole Köln. Nach 9 jährigem Aufenthalt und Wohnort im Bergischen Land fand er schließlich nach dem Fall der Berliner Mauer den Weg in das oben beschriebene Märkisch-Oderland.

Seit dieser Zeit verbringt er die Sommermonate in Metzdorf und kehrt im Winter in sein Atelier in den Chichibu Bergen, im Norden Tôkyôs gelegen, zurück. Inmitten einer grandiosen Landschaft liegt sein Haus und Atelier. Darüber wölbt sich ein unendlicher Himmel. Gewollte oder ungewollte Bezüge zu den Bildern von Yokoo kommen dem Besucher in den Sinn.

In Deutschland wenig bekannt ist, dass Tatsuhiko Yokoo in Thailand ein seit Jahrzehnten wirkender, bekannter japanischer Künstler ist. Er ist dort nicht nur als Maler aktiv, sondern hält dort auch regelmäßig - wie im oben erwähnten deutschen Metzdorf - Zen buddhistische Meditation-Seminare für interessierte Thailänder ab, die mit künstlerischen Aktivitäten der Teilnehmer gekoppelt sind. Auf diese Weise sind in Thailand vielen Menschen mit ihm in Verbindung getreten.

Der Maler hält sich dort in einem Atelier auf, das ihm in der thailändischen Zentrale der japanischen Religionsgemeinschaft Sekai Kyusei Kyô IZUNOME 世界救世教いずのめ教団、die unter anderem das bekannte MOA Museum of Art in Atami  MOA 美術館 betreibt, und die auf den Philosophen Mokichi Okada (Meishu sama) 岡田茂吉 (18821955) zurückgeht, zur Verfügung gestellt wurde.

Tatsuhiko Yokoo selbst hat an der künstlerischen Ausgestaltung der gesamten Anlage u.a. durch monumentale Wandgemälde und Skulpturen im Gartenbereich - auch in Kooperation mit seinem oben erwähnten Schüler Axel Anklam - bis hin zur Gartengestaltung mitgewirkt.


Sie ist gelegen am Eingang eines thailändischen Nationalparks bei Asaburi in einer riesigen Gartenlandschaft, die mit landwirtschaftlich bewirtschafteten Flächen verbunden ist, auf denen auf wissenschaftlicher Grundlage organische Produkte produziert werden.

Auf seinen Wegen durch Ostasien, Südostasien und Europa ist Tatsuhiko Yokoo begleitet von seiner japanischen Ehefrau Yoshiko Yokoo. Diese ist selbst eine herausragende Künstlerin. Auch ihre Werke stehen in der Zen-Tradition.

Werke von Tatsuhiko Yokoo (Privatsammlung)

Tatsuhiko Yokoo ist ein bedeutender bildender Künstler der modernen Kunstgeschichte der letzten Jahrzehnte. Er verbindet zwei so unterschiedliche Kulturkreise wie den des ostasiatischen Japan und den des europäischen Deutschlands in seinen Werken und in seinem Alltagsleben.

Ebenso überzeugend wie in seinem künstlerischen Schaffen ist ihm dies in der Praxis des Zusammenlebens höchst disparater kulturgeschichtlicher und sozialer Milieus in bewundernswerter Weise gelungen: Durch langmütig mutige persönliche Ausdauer hat er es ohne gesellschaftspolitische Konzepte oder irgendwelche Theoreme erreicht, dass eine ostdeutsch konventionelle Dorfgemeinschaft in großer Eintracht mit einem internationalen und unkonventionellen Künstler aus einem für die Dorfbewohner unverständlichen und fremden Kulturkreis harmonisch zusammenlebt.

Über den japanisch-deutschen Zusammenhang hinaus sind seine Lebenseinstellung und sein künstlerisches Schaffen auch in Thailand von großer Wirkungsmächtigkeit.




Nihonga Kunst, geschaffen aus märkischem Sand

 
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Arbeitsprozess von Tatsuhiko Yokoo,
Fotos: Silke Müller

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