Behr, Wilhelm Julius Ernst ベーア・ エルンスト (1869-1934), Kaufmann 商人

Die Familie Behr in Kobe

 

1. Ernst Behrs Weg von Köthen in Anhalt nach Kobe

Wilhelm Julius Ernst Behr (15.8.1869 Köthen – 14.3.1934 Kobe) ist einer der Deutschen, die in Japan in der letzten Hälfte des historischen Aufbruchs in das Zeitalter der Moderne wirkten. Persönliche Bezüge der von ihm begründeten japanisch-anglosächsisch-deutschen Familie lassen sich bis heute in Japan und Deutschland ausmachen.

In seiner Familie manifestiert sich die Internationalisierung Japans und Deutschlands auf familiärer Ebene, die schon in der Frühzeit der Modernisierung beider Länder einsetzte. Sie gehört damit in eine Reihe mit den in diesem Internetportal behandelter Familiengenerationen wie die der Matsuno-Zitelmann und die der Muraguchi-Kanokogi-Zielinski.

Ernst Behr stammte aus einer alteingessenen Unternehmerfamilie im damaligen Herzogtum Anhalt (heute das Bundesland Sachsen-Anhalt), deren Unternehmen bis heute existiert -  allerdings von anderen Eigentümern geführt. Er hatte das Ludwigsgymnasium in Köthen bis 1888 (Reife) besucht.

1888 bis 1889 diente er als Freiwilliger in einem Infanterie-Regiment in Halle an der Saale. Anschliessend studierte er Rechtswissenschaft an der Universität Halle, die enge Beziehungen zu Japan pflegte. Danach absolvierte er eine kaufmännische Lehre.

1895 wurde Ernst Behr von der Hamburger Handelsfirma Winckler & Co.  nach Kobe in Japan entsandt, deren Gesellschafter er in Japan nach einigen Zwischenstationen wurde.  Vielleicht war er zu diesem außergewöhnlichen Schritt durch einen Vetter seines Vaters angeregt worden, der Prokurist bei der Hamburger Ostasien-Firma E. & A.Hasche war und der vor dem 1.Weltkrieg ebenfalls zeitweise in Japan und China gelebt hatte.

Ernst Behr wurde in seiner neuen Heimat Japan im Laufe der Jahre zu einem gesellschaftlich angesehenen Mitglied der deutschen Gemeinde in Kobe:

Er wurde mehrmals zum Präsident (kaichô) des Deutschen Concordia Clubs Kobe (1920-1922, 1925-1927) gewählt. Er soll auch der Bauherr des alten Gebäudes des Deutschen Concordia Clubs gewesen sein. In der Eigenschaft als Präsident durfte Ernst Behr 1921 das Ehepaar Albert Einstein auf seiner Japanreise(1) (2) begrüßen.

1920 hatte Ernst Behr das preußische Verdienstkreuz für Kriegshilfe für seine Verdienste während des 1.Weltkrieges erhalten. Dazu erhielt er im gleichen Jahr das Ehrenzeichen 3.Klasse des Roten Kreuzes. 1933 wurde ihm das Ehrenzeichen 2.Klasse des Roten Kreuzes überreicht. Diese Auszeichnungen verdankte er seinem Engagement für deutsche Kriegsgefangene in Japan und Sibirien während und nach dem 1.Weltkrieg. So schrieb er für die Kriegsgefangenen in dem Internierungslager Bando ein  Märchenbuch.

Von 1928-1932 war Ernst Behr zum Vizepräsident der Deutschen Industrie- und Handelskammer Kobe bestallt worden, 1933 als deren Präsident. Er war deutscher Vertreter in der „Internationalen Handelskammer Kobe“.

1934 musste er jedoch alle Ehrenämter aufgeben, vermutlich auf Grund seiner schweren Erkrankung, an der er im gleichen Jahr verstarb.

Die OAG veröffentlichte am 22. Juli 1934 einen würdigen Nachruf: "Im März verstarb in Kobe Herr E. Behr, der seit 1901 unserer Gesellschaft als Mitglied angehörte. Kobe, wo Herr Behr so viele Jahre gelebt hat, verlor mit ihm einen der beliebtesten und allseitig geachteten Japan-Deutschen, der seine Erfahrungen und Arbeitskraft jederzeit in den Dienst der deutschen Sache, u.a. mehrfach als Präsident des Clubs Concordia stellte." (NOAG, Heft Nr.35, 22.7.1934, S.1)

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Die Ehefrau von Ernst Behr, Gladys Mabel Aki Behr, geb. Nishikawa (24.4.1883 - 17.9.1954), war Anglo-Japanerin. Das Ehepaar hatte am 29.6.1904 in Kobe geheiratet.

2. Die Familie Nishikawa


Die Lebenswege von Gladys und ihren Geschwistern zeigen repräsentative Schicksale auf, die von den bedeutenden Veränderungen der Zeitumstände in der 2.Hälfte des 19.Jahrhunderts und 1. Hälfte des 20.Jahrhunderts in Japan und der Welt geprägt waren.

Gladys und ihre drei Schwestern Kiyoko („Kiyu“) Nishikawa, Asako Maud („Maudie“) Nishikawa, Kenko („Kennie“) Nishikawa sowie der einzige Bruder Victor Masamune Nishikawa wuchsen in einem Zeitumfeld nach Aufgabe der japanischen Abschliessungspolitik auf. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts war dieses durch das Bestreben Japans geprägt, den wirtschaftlichen und machtpolitischen Abstand zu den westlichen Großmächten, in diesem Fall vor allem den Abstand zu England und auch den zu Deutschland, aufzuholen.

Die deutsch-anglosächsisch-japanische Familie Ernst und Gladys Behr hatte sich wie die der anglo-japanischen Eltern von Gladys in Japan fest angesiedelt. Ihr Aufenthalt war nicht wie der vieler anderer Ausländer nur auf eine begrenzte Zeit angelegt. Aber ihr Alltagsleben in dem japanischen Umfeld scheint sich quasi abgehoben von diesem in einem eigenständigen, internationalen Raum bewegt zu haben, der natürlich in ihrem Fall in erster Linie von Deutschland und England geprägt war. Das zeigte sich schon in der Kindererziehung der Geschwister Nishikawa beispielhaft:

Alle fünf Kinder sollen christlich erzogen worden sein. Entsprechend ist zumindest auf dem Grab von zwei Schwester Nishikawa ein Kreuz eingemeißelt.

Die Kinder Nishikawa bekamen in Japan eine englische Schulausbildung. Zu Hause wurde nur Englisch gesprochen. Das englische Mutterland ihrer Mutter war im Hause Nishikawa dominant. Das Japanische, die Muttersprache des Vaters , soll dagegen bei den Kindern schwach vermittelt gewesen sein.

Eine volle Integration der fünf Geschwister Nishikawa in ihrem Geburtsland Japan erfolgt dann auch nicht, als sie in das Erwachsenenalter hinein gewachsen waren und aus dem Elternhaus traten. Umgekehrt fiel ihnen eine Integration in das englische Heimatland der Mutter oder ein anderes ausländisches Land überwiegend auch schwer. B
ezeichnend ist, dass Asako Maud („Maudie“) Nishikawa als junges Mädchen in einem Internat in Düsseldorf untergebracht worden war, dann aber nach Japan bis an ihr Lebensende zurückkehrte. Kennie Nishikawa ist mit einem deutschen Marineoffizier in Japan verlobt gewesen, der im 1.Welkrieg fiel.

Beide Schwester blieben unverheiratet. Sie sind im Familiengrab ihrer Eltern Katie und Toranosuke Nishikawa (Karte) in Tôkyô  im Aoyama Bochi begraben.

Konsequent hielt dagegen der einzige Bruder der  vier Schwestern mit Eintritt in das Erwachsenenalter Abstand zu seinem Geburtsland Japan. Victor Masamune Nishikawa
wanderte als Ingenieur nach England, in die Heimat seiner Mutter aus. Hier änderte er sogar seinen japanischen Namen Nishikawa in den englischen Namen Nashglower. Der Namensbestandteil „Nash“ war frei von ihm gewählt, klingt aber an den japanischen ersten Bestandteil des väterlichen Familiennamens Nishikawa an. Der zweite Namensteil „Gower“ war offensichtlich von der englischen Aussprache des letzten Namensbestandteils  des japanischen Namens Nishikawa abgeleitet.

Victor Masamune Nashgower
ging mit einer Engländerin die Ehe ein. Die Heirat führte zu einem Zerwürfnis mit den Eltern in Japan. Ob diese Ablehnung der Ehe ihres Sohnes in persönlichen Animositäten gegen die Schwiegertochter begründet war oder -  oder auch - Ausdruck wachsender nationalistischer Gesinnung in Japan war, die mit wachsendem Erfolg und Selbstbewusstsein  Japans in der internationalen Welt in der ersten Hälfte des 20.Jahrhunderts die ursprüngliche Internationalität der Familie schwächte, ist nicht klar. Zumindest passte es nicht in jenen Zeitgeist, dass sich Viktor Masamune durch seine Übersiedlung nach England der japanischen Militärpflicht entzogen haben soll.

Kiyoko („Kiyu“) Nishikawa heiratete einen Amerikaner namens Vickers(?) und soll zahlreiche Nachkommen haben, die voll in den USA integriert leben.


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Der japanischer Vater von Gladys Mabel Aki Behr, geb. Nishikawa, und damit der Schwiegervater von Ernst Behr, Dr. Toranosuke Nishikawa (22.2.1854 Hiroshima -23.1.1922 Tôkyô), stammte aus einer Samurai-Familie. Diese gehörte zum Oberclan der berühmten Familie der Tachibana. Nishikawa Toranosuke führte daher den Namen Tachibana no Masayasu.  Sein Rufname war "Bampas".

Er ist zusammen mit seiner englischen Frau Kathie Winter und zwei seiner Töchter in dem oben erwähnten Familiengrab in Tôkyô im Aoyama Bochi, nahe dem Ausländerfriedhof begraben.

現在のザクセン・アンハルット州ケーテン出身の実業家で、横浜を経て神戸へ.


1920年代二神戸のドイツ人クラブ、クラブ・コンコルデイアの会長を2度つとめた名士。

グラデイス・西川と結婚。明治初期に廣島藩からイギリス留学し、イギリス人ケテイー。ウインターと国際結婚をした西川虎之助の三女である。

虎之助はロンドンで応用科学を学んで帰国し、印刷局技師として活躍したのち民間に移り、日本の近代科学工業の確立に貢献した人物である。工学博士。

長男のアルフレツト。ベーアは、成長してドイツ海軍将校なり、三男のブイクトルは、神戸に帰って父を跡を継いだ。父母とブイクトルは、神戸で生涯を閉じ、神戸市立外国墓地 二眠っている。

Risaburo Yasushi Nishikawa (3.6.1821- 10.11.1871), der Vater von Toranosuke Nishikawa, war einer von sechs Polizeipräsidenten in Edo, das nach 1868 in Tôkyô umbenannt worden war. Er kontrollierte vor und nach der Meiji-Restauration 1968 dort den 1.Bezirk Kayaba-cho des Gebietes, das im heutigen Tôkyô in dem Bezirk Chuo-ku liegt. Danach soll er Leiter des Gefängnisses geworden sein.

Die japanische Familie entstammte seit Jahrhunderten der Gegend um Hiroshima. Risaburo Nishikawa war mit Asako Wago (15.6.1831 -5.12.1899) verheiratet. Der Ehe entsprangen 8 Kinder, darunter als ältester Sohn, der oben erwähnte Toranosuke Nishikawa, und als älteste Tochter Umeko Nishikawa, die ihrerseits einen Yoshio Wago geheiratet hatte, der damit aus derselben Familie wie ihre Mutter stammte.

Letztere ist die Ururgrossmutter von Naoko Asakura, die dann in unserer Zeit eine Verbindung zwischen den deutschen und japanischen Verwandten der Familie Nishikawa wiederbelebt hat.


Zurückgehend auf diesen Toranosuke Nishikawa tragen alle männlichen Behrs in der Familie bis heute die Namen Masayasu, Masashige und Masayuki.

Die Familiemitglieder der Nishikawa waren Lehnsherren der Daimyo Asano. Die Familie führt sich auf den in der japanischen Geschichte berühmten Masashige Kusunoki (Nanko-san) (1294 - 1336) zurück, dessen Standbild vor dem Kaiserpalast in Tôkyô steht und dem in Kôbe der Minatogawa-Schrein gewidmet ist.

Toranosuke Nishikawa war auf Anweisung des Clans 1869 mit 15 Jahren zum Studium nach London geschickt worden und studierte dort im Hauptfach Angewandte Chemie (ôyô kagaku).

In England hatte Toranosuke Nishigawa auch seine englische Frau, Katie Henriette Nellie Winter (28.9.1850 Warwickshire/England -10.1.1920 Tôkyô), kennen gelernt, in deren Haus er wohl logiert hatte. Ihr Vater, Joseph Winter, war Eisenbahn-Ingenieur. Seine Frau war Caroline Townsend, Tochter des Besitzers einer Nadel Fabrik in Warwickshire .

Das Ehepaar Nishikawa – Winter hatte 1874 in Kensington geheiratet. Es wird vermutet, dass es sich um die erste „Internationale Heirat“ (kokusai kekkon) von einem der vielen in das Ausland nach der Meiji Restauration entsandten japanischen Studenten gehandelt haben könnte.

Im Jahr 1879 kehrte er nach Japan zurück. Hier arbeitete Toranosuke Nishikawa  in verschiedenen Berufen, darunter als technischer Sachverständiger im Finanzministerium (Druckerei); 1892 als Generaldirektor der  Firma Osaka Yuô K.K. (Sulphur) usw.

1901 wurde er an der Universität Tôkyô zum Dr. h.c. Doktor der Ingenieurwissenschaft (kôgaku) promoviert. Diese Ehrung drückt aus, dass Toranosuke Nishikawa zu den Pionieren der modernen japanischen Industrie gezählt wurde.                   

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3. Die Nachkommen Behr

Ernst und Gladys Behr hatten drei Söhne. Sie wuchsen in Kôbe auf, bis sie zur weiteren Schulausbildung nach Deutschland zu Verwandten in die Heimatregion des Vaters geschickt wurden. Hiervon berichtete eine Ausstellung im Kôbe City Museum im Jahr 2009.

Obwohl nur einer der Söhne, Viktor Behr, nach der Ausbildung nach Japan zurückkehrte und bis zu seinem Tod dort lebte, die andern beiden Söhne Alfred und Hugo Behr aber für immer in Deutschland sesshaft wurden, blieb Japan, insbesondere das Kôbe ihrer Kindheit, für immer ihr seelischer Fluchtpunkt in guten und schlechten Zeiten.

Der älteste Sohn Alfred Behr ist der Vater von Karin Labitzke, geb. Behr.

Die beide Behr-Söhne in Deutschland, Alfred und Hugo, hatten es in ihrer ersten Lebenshälfte in ihrer zweiten Heimat Deutschland als Halbjapaner nicht einfach.

Die 2011 auf 150 Jahre beschworene Freundschaft zwischen beiden Ländern Japan und Deutschland war gerade nach dem 1. Weltkrieg, in dem Japan auf Seiten der Alliierten gegen das kaiserliche Deutschland gekämpft hatte , und in den Jahren von Kriegsende 1918 bis zum faschistischen Dreimächtepakt nicht sehr verbreitet. Der Schriftsteller Heinrich Eduard Jacob (1889-1967) gibt in seinem grundsätzlich auf Japan sehr positiv ausgerichteten Roman „Jacqueline und die Japaner“ (Ernst Rowohlt Verlag, Berlin, 1929) entsprechende zeitgenössische Verweise:

Da beklagt sich ein deutscher Vermieter bei seiner Frau, die einen Japaner als Untermieter aufnahm: „ ‚…Einen gelben Mieter …die gelbe Rasse aufzunehmen! So etwas im  Hause zu haben! Es gibt wohl nicht genug Europäer, an die man als Deutscher vermieten kann?!‘ “ (S.21)

Dieser japanische Mieter erlebt einige deftige Disktriminierungen im damaligen Berlin:„ ‚Nachher war er über die Straße gegangenen, ins Eckhaus mit Vorgarten…, wo einige Menschen aus bauchigen Gläsern Himbeersaft mit Bier tranken. Er habe das auch versuchen wollen … aber der Wirt, ein Arbeiter, habe ihm Hand und Portemonnaie vom Schanktisch gestoßen. ‚Chinesischer Affe bekommt im Zoo Speise und Trank‘, habe er gesagt.“ (S.33) An anderer Stelle des Romans beklagt sich ein deutscher Fabrikant:„ ‚Aber – diese verfluchten Gelben...‚Die Ausländer …die Ausländer‘ “ .(S.123)

Freilich integrierten sich beide Behr Brüder in Deutschland auch in dieser schwierigen Umwelt mit Erfolg, sowohl familiär als auch beruflich.







 

 
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