Frühe Kontakte nach Japan im 17. Jahrhundert

Die ersten namentlich bezeugten Deutsche in Japan waren der Delfter Jan Joosten Lodenstijn, der am 19. April 1600 als zweiter Maat mit der Galeone De Liefde im Hafen von Sashiu (Usuki) auf Kyushu strandete. Weitere Überlebende waren der Kapitän Jacob Janszoon Quaeckernaeck aus Rotterdam und Proviantmeister Melchior van Santvoort.

Vom Schwaben Michael Hohreyter, der ebenfalls durch die VOC zwischen 1614 und 1620 über Batavia und Manila reisend in Japan gelandet war, über den unfreiwilligen oberösterreichischen Weltreisenden und kaiserlichen Hauptmann Christoph Carl Fernberger v. Egenberg im Jahr 1625, über den "Stück- und Glockengießer" Hans Wolfgang Braun (1639 in Edo), den Arzt Caspar Schamberger, den in leitender Funktion für die VOC tätige Karl Hartzing aus der Grafschaft Moers, den aus Dresden stammenden Zacharias Wagner (1656-57, 1658-59 Niederlassungsleiter in Deshima) sowie den kürfürstlich-sächsischen Hofgärtner und Botaniker George Meister, den Hessen Andreas Cleyer (1682-83, 1685-86 Niederlassungsleiter) bis hin zum Westfalen Engelbert Kaempfer, der sich von 1690 bis 1692 in Deshima aufhielt, sind alle Kontakte nach Japan über die VOC in Hirado (Firando) bzw. ab 1641 in der Faktorei Deshima erfolgt.

Das 17. Jahrhundert erfuhr einen Flut von Reisebeschreibungen über das abgeschlossene Inselreich.

Wie Kreiner (1984:20f) schreibt, sind sie einerseits positiver Art: Vom Kunsthandwerk (Lackarbeiten, Büchsenmacherei) über die Schönheit, Anmut und Ehrenhaftigkeit japanischer Frauen, die Ästhetik japanischer Teekunst, die "Kuriosität" des "Bauchaufschneidens" und die Tapferkeit japanischer Krieger bis hin zum Reichtum des Landes an Bodenschätzen (Gold, Silber, Kupfer) sind die Berichte voll des Lobes, wenn sie auch den "Götzendienst" an "'schröcklich' anzusehenden Statuen von Bronze" (ibid., S.21) nicht zu billigen scheinen.

Andererseits schließt sich hier oft Kritik an der VOC an, deren Vertreter, um das Schicksal der aus Japan vertriebenen Portugiesen zu vermeiden, "wenn sie mit ihren Schiffen nach Japan kommen, geben sich vor keine Christen, sondern nur bloß vor Holländer aus und wollen lieber allda keine Christen heissen als dass sie der Japaner reichen Handel entbehren sollten" (Langhass 1705:360).

Japan dient in der deutschen Rezeption, da es dem vom Dreißigjährigen Krieg gezeichneten Mitteleuropa in vielen Bereichen ähnlich oder voraus zu sein scheint (Pax japonica unter den Tokogawas), als Mittel der Aufklärung zur Kritik an heimatlichen Zuständen, etwa beim Vergleich der religiösen Intoleranz in Japan und der Willfährigkeit der Holländer ("Kreuztreten" der Holländer zum japanischen Neujahrstag, vgl. Kämpfer 1779:35, 82) mit der Unversöhnlichkeit der Christen untereinander.

Auch bei der Gegenüberstellung japanischen "Aberglaubens" mit Ordals-Verfahrensweisen bei Hexenprozessen (vgl. Kämpfer 1777:289; Kreiner 1984:23) soll mit der Japan-Kritik "eigentlich Europa getroffen werden" (Kreiner 1984:23). Kreiner führt aus, wie dabei "Japan zum ostasiatischen Pendant europäischer Mißstände, im Gegensatz zum vernunftorientierten Idealbild Chinas" (ibid., S.22) stilisiert wird.

In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts erfährt aber auch die japanische Deutschland-Rezeption eine Wende.

Wurden bislang Holländer und Deutsche für dasselbe "rothaarige" Volk gehalten, das aus dem "Gelbflaggenland" entstamme, so wird in Nishigawa Jokens 西川如見 (1648-1724) im Jahr 1695 erschienenen Schrift Kai-Tsûshô-kô 華夷通商考 ("Bemerkungen zum Handelsverkehr mit Barbaren") erstmals differenziert: "Das Buch ist nachweislich das älteste japanische Dokument, in dem 'Deutschland' genannt wurde: 'toichi-ranto' oder 'toichi-koku'. 'Toichi' gibt das holländische Wort 'Duits' (Deutsch) in japanischer Aussprache wieder und ebenso 'ranto' das holländische Wort 'land' (Land)…" (Takahashi 2006:210).

So beginnt im 17. Jahrhundert auf beiden Seiten der Erdkugel das gegenseitige Interesse zu erwachen, denn es waren die deutschen Ärzte Schamberger und Kaempfer, die das pragmatische Interesse ihrer japanischen Kollegen am Neuen weckten und damit einen Anstoß für die "Holländischen Studien" gaben, die die ersten Risse in die Bestimmtheit und Gewißheit der japanischen Weltanschauung fügten. [ar]

 

 

 

Lit. Kämpfer, E. (1777): Geschichte und Beschreibung von Japan. Aus den Originalhandschriften des Verfasssers herausgegeben von Christian Wilhelm Dohm, Bd. 1, Lemgo:Meyersche Buchhandlung 1777; Kämpfer, E. (1779): Geschichte und Beschreibung von Japan. Aus den Originalhandschriften des Verfasssers herausgegeben von Christian Wilhelm Dohm, Bd. 2, Lemgo:Meyersche Buchhandlung 1779; Kreiner, J. (1984): Deutschland- Japan. Die frühen Jahrhunderte, in:Deutschland-Japan. Historische Kontakte, hg. J.Kreiner, Ex: Studium Universale der Universität Bonn Bd.3, Bonn:Bouvier 1984, S.1-53; Langhanß, C.: Neue Indische Reise Worinnen umständlich beschrieben werden Unterschiedene Küsten und Inseln in Ost-Indien auf welche die Holländische Geotroirte Compagnie zu handeln pfleget; insonderheit die Inseln Java Major, Sumatra und Ceilon,die feste Küste Malabar, Canara und Decam, ingleichen die Stadt Gamaron am Golfo in Persien. Dabey gehandelt wird Von eines jedweden Landes Beschaffenheit, Jährlicher Witterung, von ihrer Einwohner Leben Religion und Sitten, ingleichen von zahmen und wilden Thieren, Früchten und Erdgewächsen. (...) herausgegeben von Christoph Langhanß, Leipzig:M.Rohrlachs seel. Wittib und Erben in Liegnitz 1705 [Princeton University Library Nr. 32101065185991]; Takahashi, T.: Japan und Deutschland im 17. und 18. Jahrhundert unter besonderer Berücksichtigung von Wirkungen des deutschen Japan-Forschers Engelbert Kaempfer. Eine historische Skizze, in: Lüsebrink, H.-J.: Das Europa der Aufklärung und die außereuropäische koloniale Welt, Göttingen:Wallstein 2006, S. 208-227; Bildquellen: Kämpfer (1777:260-261, Tab. XVII), ex:  www.deutschestextarchiv.de/book/view/kaempfer_japan01_1777/?hl=Tab&p=365; Langhanß 1705, a.a.O.; Kai-Tsûshô-kô, ex: Kyoto University of Foreign Studies (www.kufs.ac.jp/toshokan/mexico/main.htm)

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